Ausstellung: Mit dem Pferdekarren auf die Weltbühne

In Zürich schliesst sich der Kreis. Hier traf Benno Besson (1922–2006) Bertolt Brecht. Hier kehrt die Wanderausstellung zum 100. Geburtstag des Schweizer Theatermachers im Museum Strauhof ein. Nachdem sie bereits in einigen Theaterfoyers des Landes zu sehen war, wurde sie für den Strauhof neu eingerichtet.
Durch die Räume geht man durch die Jahrzehnte: von den Anfängen mit Pferdewagen im Kanton Waadt ins zertrümmerte Ostberlin kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Kurz entschlossen folgte Besson Brecht ans Berliner Ensemble, wurde dessen Schüler und Vertrauter, half ihm, in Paris für Furore zu sorgen und so in beiden deutschen Staaten mindestens geduldet zu werden – bis er das Theater nach Brechts plötzlichem Tod verlassen musste, weil er dem hinterbliebenen Kollektiv zu eigensinnig wurde. Am Deutschen Theater jubelte er dann Walter Ulbricht seine Diktaturkritik «Der Drache» unter, der sich anschliessend in Paris und Bonn damit schmückte. Als Intendant der Volksbühne baute Besson mit auf, wofür das «Riesending in Mitte» bis heute steht: einen geschützten Kunstraum, der Theater neu denkt.
Neben viel, wenn auch gut dosiertem und aufbereitetem Text gewähren Film- und Audioaufnahmen wertvolle Einblicke in das Ostberlin der Nachkriegsjahre, in Proben von Brechts «Leben des Galilei» oder in eigene Arbeiten Bessons. Zunächst wird das Leben des Theatermachers vor allem durch die Worte oft sehr prominenter Weggefährt:innen erzählt. Später schaut man auf seine Person durch Zeugnisse der Theateröffentlichkeit oder Stasi-Akten. Darunter auch eine Tabelle, in der die DDR-Elite die Tauglichkeit Bessons und einiger anderer für die Nachfolge Helene Weigels am Berliner Ensemble einschätzt: Geschickt im Umgang mit Menschen? Nein. Energisch und fleissig? Bedingt. Frei von Neigungen zur Dekadenz? Nein. Frei von Intrigantentum? Nein. Fähig, Schlamperei zu erkennen und zu bekämpfen? Nein. Frei von Alkoholismus? Ja.
Kritische Töne zum Geniekultgehabe eines «zum Teil bösartigen Typen» zeichnen ein differenziertes Bild. Und jenseits von Bessons Person erfährt man auch einiges über die Kulturpolitik westeuropäischer Staaten während des Kalten Krieges.