Mindestlohn gekippt: Unerfreuliche Signalwirkung

Nr. 49 –

Es ist ein herber Rückschlag. Das Zürcher Verwaltungsgericht hat entschieden, dass Angestellte in den Städten Zürich und Winterthur auch künftig nicht mit einem Mindestlohn vor Arbeitsarmut geschützt werden dürfen. Im Sommer 2023 hatte die Stimmbevölkerung in beiden Städten entsprechende Initiativen deutlich angenommen. Während Mindestlöhne bereits in mehreren Kantonen existieren, waren Zürich und Winterthur die ersten Gemeinden, die sie auf kommunaler Ebene einführen wollten. Doch die Gewerbeverbände legten Rekurs ein. Vor der ersten Instanz, dem Bezirksrat, unterlagen sie, zogen das Urteil jedoch weiter und erhielten nun vom Verwaltungsgericht recht.

Wie aus dem am Freitag publizierten Urteil hervorgeht, vertritt das Gericht die Auffassung, den Gemeinden fehle die nötige Kompetenz, womit die Verordnungen zur Einführung eines Mindestlohns gegen kantonales Recht verstiessen. «Fragwürdig» nannte Björn Resener, Generalsekretär des Gewerkschaftsbunds und Sprecher des Initiativkomitees, das Urteil gegenüber dem «Landboten». Die Richter:innen waren sich allerdings nicht einig: Eine Minderheit hatte eine abweichende Meinung.

Gemäss dem Feministischen Streikkollektiv Zürich hätte ein Mindestlohn rund 17 000 Arbeitnehmenden «eine substanzielle Verbesserung ihrer prekären wirtschaftlichen Situation gebracht», insbesondere in feminisierten Branchen wie der Reinigung, der Pflege und dem Detailhandel. Das Urteil könnte überdies eine unerfreuliche Signalwirkung haben: In Bern läuft derzeit die Unterschriftensammlung für eine städtische Mindestlohninitiative, in Biel wurde eine solche kürzlich eingereicht. Die Stadtbehörden in Zürich und Winterthur haben noch nicht entschieden, ob sie das Urteil weiterziehen.