Kultour

Nr. 28 –

Konzert

Dunkle Fee oder grauer Barde?

Am Erscheinungstag dieser WOZ werden wir uns halbieren. Uns bleibt, musikalisch gesehen, nichts anderes übrig. Die bodenständige Hälfte schicken wir ins «Exil», also in den gleichnamigen Club in Zürich, wo uns ein grau melierter Barde namens M. Ward aus Portland mit erlesenem Liedgut von charmant dengelnder Nostalgie beglücken wird, wie er es auch bei She & Him pflegt, seinem Duo mit Zooey Deschanel. Unsere ätherische, aber auch abenteuerlustigere Hälfte schicken wir in den «Bogen F», wo zur gleichen Zeit eine dunkle Fee namens Julia Holter mit einem kleinen Quartett samt Cello, Saxofon und Geige die kammermusikalisch ausufernden Gesänge darbieten wird, die sie dem Lärm in Paris abgelauscht haben will. «Loud City Song» heisst das jüngste Album der kalifornischen Sängerin, das derart gefeiert wurde, dass man sich glücklich schätzen muss, sie in so intimen Rahmen noch erleben zu dürfen.

Falls es nicht klappt mit der Halbierungsoperation, begnügen wir uns fürs Erste mit M. Ward und sparen uns die Konkurrenz für kommende Woche auf, wenn Frau Holter in Luzern am Blue Balls gastiert.

Julia Holter in: Zürich Bogen F, Viaduktstrasse 97, Do, 10. Juli 2014, 21 Uhr (Support: Julian Sartorius); Luzern Blue Balls Festival, Fr, 18. Juli 2014, ab 18 Uhr.

M. Ward in: Zürich Exil, Hardstrasse 245, 
Do, 10. Juli 2014, 20 Uhr (Support: Fai Baba).

Florian Keller

Fest

Pokus Hokus

Der Vorplatz der Reitschule in Bern sorgt seit über dreissig Jahren für heisse Diskussionen. Bis zu 2000 Menschen tummeln sich hier am Wochenende zum Feiern, was immer wieder zu Lärmklagen führt. Hier gab es schon mehrmals eine offene Drogenszene, Neonaziüberfälle und Strassenschlachten. Manche träumen davon, auf dem Vorplatz ein Hochhaus hinzuklotzen mit Swimmingpool obendrauf, andere nutzen den «Schandfleck» von Bern als das, wozu er sich am besten eignet: als Rummelplatz, auf dem sich Gross und Klein tummeln kann.

Das «Pokus Hokus»-Fest macht den Vorplatz zu einem farbigen und unkonventionellen Zirkus mit wilden Artisten, mutigen Akrobatinnen und anderen Kuriositäten. Wie etwa die Perfomance von This Grossmann und Gabriel Ammon, die der Obertonstruktur der Kaulquappe nachgehen. Wie das wohl klingen mag?

Viel zu sehen gibts sicher bei Finn Jagd Andersen. Der Däne nimmt mit seiner Einmannshow «Zirkus Gonzo» als Luftartist, Trapezkünstler, Raubtierdompteur oder Handstandequlibrist das Publikum auf eine Reise durch die wunderliche Welt des Zirkus. Eine Castingshow auf dem Seil präsentiert Susanne Sanna Zoll, und die, die selber das Tanzbein schwingen möchten, können das zu den Klängen von Franky Silence & Ghost Orchestra tun. Für die ganz Mutigen gibt es eine Fakirtherapie.

«Pokus Hokus» in: Bern Reitschule, 
Sa, 12. Juli 2014, 12 Uhr bis 24 Uhr. 
www.kuriosum.org

Silvia Süess

Kino

Filme am Wasser

Sommerzeit ist Open-Air-Zeit. Mehrere Open-Air-Kinos finden am Wasser statt und ermöglichen so vor oder nach der Vorführung noch eine kleine Abkühlung. Etwa in der Limmat, an den Filmnächten im «Unteren Letten» in Zürich. Im aktuellen Programm sind mehr oder weniger bekannte Kinofilme zu sehen, darunter «Der Goali bin ig», «Starbuck» oder «Hugo». Bereits seit dreissig Jahren findet «Film am See» der Roten Fabrik statt. Jeden Donnerstag sind hier Filme zum Thema «Sprung vom Tellerrand» zu sehen – der zeitlichen Entwicklung trotzend, zumeist ab 35 Millimeter und nicht digital.

Das «Marzili-Movie» findet in Berns berühmter Badi an der Aare statt. Dieses Jahr widmet es sich Filmen aus Australien; natürlich darf da auch Hugh Jackman, 2008 zum «Sexiest Man Alive» gewählt, nicht fehlen: In «Paperback Hero» spielt er einen dichtenden Trucker.

Mit Blick auf den Rhein lädt das Neue Kino Basel auf die Aussichtsterrasse des Bernoulli-Silos im Rheinhafen. Statt eines Themas ist hier das Format das Programm: Gezeigt werden nur 16-Millimeter-Filme. Gleich zwei davon kommen aus Basels Konkurrenzstadt: «Züri brännt», produziert vom Videoladen, der die Zürcher Bewegung der 1980er Jahre dokumentiert, sowie Kurt Frühs Langstrassen-Klassiker «Bäckerei Zürrer» aus den 1950er Jahren.

Film am See in: Zürich Rote Fabrik, 
jeden Donnerstag, bis Do, 4. September 2014. 
www.rotefabrik.ch

Filmfluss in: Zürich Badi Unterer Letten, 
bis So, 27. Juli 2014. www.filmfluss.ch

Silo-Open-Air in: Basel Auf der Aussichtsterrasse des Bernoulli-Silos (Hafenstrasse 7), Mi, 16. Juli 2014, bis Fr, 15. August 2014. www.neueskinobasel.ch

Marzili-Movie in: Bern Badi Marzili, 
Di–Sa, 22.–26. Juli 2014. www.marzili-movie.ch

Silvia Süess