LeserInnenbriefe

Nr. 49 –

Zweierlei Mass

«Das war Fidel. Er war Kuba.», WOZ Nr. 48/2016

Dass der Tod von Fidel Castro die WOZ beschäftigt, ist verständlich. Dass die ganze Ambivalenz von ihm und seiner Politik dargestellt wird, ist auf jeden Fall zu begrüssen. Aber dass in Toni Keppelers Artikel Castros Privat- beziehungsweise Sexleben derart geschönt wird, ist ein starkes Stück. «Nach zwei oder drei Stunden Geborgenheit bei einer geliebten Frau brach er wieder auf zu neuen Kämpfen.» Das ist Patriarchat in Reinform, veredelt durch die WOZ. Wenn über andere Politiker so geredet wird, kommt Kritik von feministischer Seite, und zwar völlig zu Recht, aber beim «grössten Führer» ist es in Ordnung? Nichts für ungut, aber diese Heldenverehrung braucht kein Mensch.

Ruben Hackler, per E-Mail

Stellen wir uns vor …

«Für Sozialarbeit braucht es doch nicht die Armee!», WOZ Nr. 48/2016

Stellen wir uns vor, in der Schweiz wären ständig 50 000 ausländische Soldaten stationiert. Im Kosovo mit seinen 1,8 Millionen Einwohnern tummeln sich etwa 11 000 Soldaten, das wären, übertragen auf die Einwohnerzahl der Schweiz, etwa 50 000 Soldaten. Die USA bauten nach dem Krieg im Kosovo ihren grössten Militärstützpunkt in Europa, Camp Bondsteel. Dort sind ständig 5000 Soldaten der USA und ihrer Verbündeten stationiert. Daneben sind im Kosovo circa 6000 Soldaten der Schutztruppe KFOR.

Der Bau von Camp Bondsteel hat 350 Millionen US-Dollar verschlungen. Der Stützpunkt wurde nach dem Einmarsch von Nato-Truppen in den Kosovo im Juni 1999 errichtet. Er umfasst 386 Hektaren und ist von einer Mauer umgeben. Camp Bondsteel ist also fast neunmal so gross wie der Vatikanstaat in Rom.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Mittel, die für die Schweizer Militärs im Kosovo aufgewendet werden, sinnvoller für die Ausbildung von Lehrlingen verwendet werden könnten, statt Schweizer Soldaten und Soldatinnen in diesem Land zu stationieren. Nun schon seit 1999, seit siebzehn Jahren also, sollten Schweizer Soldaten mithelfen, die Region zu stabilisieren. Man könnte im Kosovo neue Berufsleute ausbilden, Elektriker, Maurer, Schreiner, Bauern und so weiter. Im Kosovo herrscht eine grosse Arbeitslosigkeit, aber auch ein grosser Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften, um das Land aufzubauen. Der Kosovo ist das ärmste Land Europas. Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt sechzig bis siebzig Prozent.

Heinrich Frei, Zürich