Agenda

Nr. 39 –

Kunstvolle letzte Hüllen

Die kleine Ausstellung in der Abegg-Stiftung kommt daher, als sei sie ein Statement gegen die herrschende Reizüberflutung. Einzig vier aufwendig restaurierte, über 2000 Jahre alte Vogelmumien sind in Riggisberg zu sehen. Wer den wie entrückt daliegenden Vögeln (zwei Falken und einem Ibis) auf den Schnabel oder den Stoffsarkophag schaut, kann seinen Frieden finden: beim Sinnieren über die Vergänglichkeit und dem Bemühen, dem Tod irgendeinen Sinn abzuringen. Die vierte Mumie ist eine sogenannte Scheinmumie, Analysen haben ergeben, dass sie gar keinen Vogel enthält. Die kulturelle Bedeutung dieser Tier-, aber vor allem der Scheinmumien ist nicht restlos geklärt. Vielleicht waren die verzierten leeren Hüllen einfach dazu da, dem Tod möglichst kunstvoll eins auszuwischen?

Vier ägyptische Vogelmumien in: Riggisberg Abegg-Stiftung, bis 11. November 2018, täglich 14–17.30 Uhr. www.abegg-stiftung.ch

Fruchtblasenlecks etcetera

Die Podiumsdiskussion «Transdisziplinarität – ein Elend, Segen oder beides?» kann im Titel eine gewisse akademische Schwerfälligkeit nicht ganz abschütteln. Trotzdem dürfte sie einen Einblick in das aktuelle Joint Venture zwischen der Kunsthalle und der Universität Zürich geben. Hundert Tage lang rennen sich die beiden Institutionen quasi gegenseitig die Türen ein. Die Kunsthalle beherbergt kunterbunt gemischte universitäre Antrittsvorlesungen; dazu gibts Workshops und eine Ringvorlesung der Digital Society Initiative. Im künstlerischen Gegenzug wird schaugekocht, und es finden Performances und Konzerte statt.

100 Ways of Thinking in: Zürich Kunsthalle, bis 4. November 2018, täglich ausser montags, alle Veranstaltungen sind gratis. Genaues Programm unter www.100ways.ch.

Kunst als Diebstahl

Weil sie nicht nur für Kultur, sondern auch für Justiz zuständig sei, verweigert die Zürcher SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr dem Künstler Roland Roos vorläufig einen Werkbeitrag von 24 000 Franken. Der Hintergrund: Roos hat im Zürcher Haus Konstruktiv eine von der Dunantspitze geklaute Bronzetafel ausgestellt. Er versteht dieses Manöver als Protest gegen die Lockerung der Waffenexporte: Dieser Bundesratsentscheid trete die humanitäre Tradition der Schweiz – verkörpert durch den Rotkreuz-Gründer Henri Dunant, für den die Tafel platziert worden war – mit Füssen. Fehr will nun den Diebstahl nicht mit einem Werkbeitrag adeln. Die eigenwillige Begründung: Kunst solle zwar grosse Freiheiten haben, widerrechtliche Aktionen könne sie aber nicht unterstützen. Die Tafel kann bis Ende September im Haus Konstruktiv besichtigt werden – zusammen mit den Arbeiten von 29 weiteren KünstlerInnen, die sich beim Kanton Zürich für Werkbeiträge beworben hatten.

Werkschau 2018 in: Zürich Haus Konstruktiv, noch bis So, 30. September 2018.