The Soul Of Africa: Von Soukus zu Marrabenta

Nr. 19 –

Die 16. Afro-Pfingsten in Winterthur laden ein zu einer musikalischen Reise von Äthiopien über Madagaskar nach Nigeria mit einem Abstecher nach Kuba.

Das Afro-Pfingsten-Festival in Winterthur ist über die Jahre zu einem der wohl wichtigsten Treffpunkte für die afrikanische Diaspora in der Schweiz geworden. Ein reichhaltiges Konzertprogramm, ein Markt, ein spezielles Filmprogramm und eine ganze Reihe von Workshops fördern Begegnungen zwischen Norden und Süden.

Musik zwischen Afrika und Europa

Mabulu aus Moçambique eröffnet am Freitag das Musikprogramm auf der grossen Bühne der City-Halle mit Marrabenta-Rap. Im achtköpfigen Orchester trifft der 78-jährige Dilon Djindji, ein legendärer Sänger und Bauerngewerkschafter, auf den Rapper Chiquito. In ihren Texten erfährt man einiges über die vor dreissig Jahren erfolgte Unabhängigkeit, den darauf folgenden Bürgerkrieg und was sich seit dem Friedensschluss von 1992 getan hat. Zap Mama entstand 1991 als A-cappella-Gruppe in Belgien. Die Sängerin Marie Daulne hat vor einigen Jahren das musikalische Spektrum mit Soul und Hip-Hop erweitert und eine Band integriert. Nach Zap Mama kommen Alif, ein weibliches Raptrio aus Senegal. Die Hauptstadt Dakar gilt als die Hip-Hop-Metropole Westafrikas, dort allein soll es gegen 2000 Hip-Hop-Bands geben. Aber unter diesen ist Alif eine Ausnahme - der ausgeschriebene Bandname Attaque Libération de l’Infanterie féministe erklärt wieso.

Femi Kuti, Sohn des legendären Fela Anikulapo Kuti aus Nigeria, führt das musikalische und politische Erbe seines Vaters weiter. Auch bei ihm finden sich engagierte Texte, die zu den Schweiss treibenden Afrobeats seines vierzehnköpfigen Klangkörpers die Erzähltradition der Griots mit modernen Mitteln fortsetzen. Der 64-jährige Mahmoud Ahmed prägt seit Jahrzehnten die Musik Äthiopiens. Der unkonventionelle Songwriter überrascht mit Soul, der arabische Elemente mit Reggae und amharischen Rhythmen verbindet.

Die Tanzgruppe Café au Lait, der Kinder und Jugendliche aus aller Welt angehören, zeigen am Sonntagmittag ihr neues Programm. Françoise Strassburg hat es zusammen mit der in Zürich lebenden Sängerin Samira Mall-Darby entwickelt. Madioko entstand nach der Auflösung der Party-Funk-Band Malka Family in Paris. Seit die marokkanische Sängerin Rafika Hakkar mit dabei ist, sind zu den Einflüssen aus Zentralafrika und der Karibik auch solche aus dem Maghreb dazugekommen. Die Afro Cuban All Stars sind mit neuer CD unterwegs, und von Koffi Olomide und seiner Bigband ist kongolesische Tanzmusik erster Güte zu hören - Soukous Vibrations.

Am Pfingstmontag stehen HAJAmadagascar & The Groovy People, King Kora - eine Gruppe mit Musikern aus Gambia und der Schweiz - sowie der brasilianische Sänger Chico César, der sich als Gast den kongolesischen Grenzgänger Ray Lema geholt hat, auf dem Programm. Auch diese drei Bands sind gute Beispiele für Konzepte, die weder vor geografischen, kulturellen noch musikalischen Grenzen Halt machen.

Filme aus Afrika

Das Kino Loge präsentiert ein Filmfest zum Thema Afrika, das über die Afro-Pfingsten hinaus fortgesetzt wird. Der marokkanische Regisseur Ismaël Ferroukhi zeigt als schweizerische Vorpremiere seinen in Venedig ausgezeichneten Erstling «Le Grand Voyage». Die Reise führt vom französischen Aix-en-Provence bis ins saudi-arabische Mekka, vom Okzident in den Orient, und thematisiert so eine sperrige Beziehung zwischen Vater und Sohn, die zwischen Christentum und Islam hin und her gerissen sind. Yasmine Kassari erzählt in «L’Enfant endormi» von einer Hochzeitsfeier im Nordosten Marokkos. Der frischgebackene Ehemann reist am folgenden Tag nach Europa ab, um dort Arbeit zu suchen. Er lässt eine Frau zurück, die in ihrem Körper ein Kind schlummern hat, das sich weigert, geboren zu werden, solange der Vater fortbleibt. Eine weitere Vorpremiere ist mit «Ouaga Saga» des Theater- und Filmemachers Dani Kouyaté aus Ouagadougou (Burkina Faso) programmiert. Als Klassiker-Reedition ist «Touki Bouki» von Dhibril Diop Mambéty aus Senegal zu sehen. Der 1973 in die Kinos gekommene Film lässt uns mit Mory und Anta in Dakar von einem Paris träumen, wie es einst Josephine Baker besungen hat.

Workshops und Afrikamarkt

Neben dem attraktiven Musikprogramm ist aber auch das umfangreiche Rahmenprogramm mit Workshops - die von Afro-Dance, Henna-Bodypainting und Einführungen in die afrikanische Küche über Trommeltanz für Frauen bis zu Djembekursen reichen - ein wichtiger Bestandteil der Afro-Pfingsten geworden. Der Zürcher Afrikakenner und Schriftsteller Al Imfeld informiert in einem Workshop unter dem Titel «Kommt Pfingsten nach Afrika?» über die Ausbreitung christlicher Kirchen in Afrika, und am Beispiel des Weges der Mango in unsere Läden informiert Regina Spiess über die Zukunft des fairen Handels in der Schweiz. Elisabeth Stadler erzählt die Lieblingsmärchen von Nelson Mandela für «kleine und grosse Ohren».

Besonders attraktiv und ein Treffpunkt für die ganze Familie ist jeweils der Afrikamarkt mit Weltbazar, der in den Gassen und auf den Plätzen der Altstadt aus gesetzlichen Gründen leider nur Freitag und Samstag stattfinden kann. Auch dort sind während der Afro-Pfingsten auf den verschiedensten Ebenen und über alle geografisch-kulturellen Grenzen hinweg Entdeckungen zu machen.

16. Afro-Pfingsten «The Soul of Africa» in: Winterthur City-Halle (Konzerte), Fr, 13., bis Mo, 16. Mai. Afrikamarkt und Weltbazar in der Altstadt. Kraftfeld (Aftershow, 13./14. Mai), Salzhaus (Aftershow, 15. Mai), Alte Kaserne (Workshops), Kino Loge (Filme bis 18. Mai).

Infos: www.afropfingsten.ch