Bis einer heult

Nr. 50 –

Der Titel ist gut gewählt: «Bis einer heult» handelt von Kindern. Allerdings sind die bereits über dreissig und sitzen wie ein altes Ehepaar auf dem Sofa. «Wenn man so gemeinsam auf der gemeinsamen Couch sitzt und nicht sofort übereinander herfällt, kann es leicht passieren, dass man sich gemeinsam sehr schnell sehr spiessig auf der gemeinsamen Couch vorkommt.»

Und spiessig will Antonia auf keinen Fall sein. Der schnoddrige, plappernde Ton, in dem sie über ihre kriselnde Beziehung mit Lukas, langweilige Hochzeiten, spiessige Nachbarn und vor allem über Lukas’ Exfreundin herzieht, verspricht fröhliche Unterhaltung für unzufriedene Frauen und Männer. Leider aber fehlt Antonia sowohl die frivole Lebensfreude, mit der Françoise Cactus einst ihre Damen durch die Strassen, Bühnen und Betten torkeln liess, als auch das subversive Potenzial einer masslos selbstgerechten Rächerin, wie sie uns Milena Moser damals mit der gehässigen Putzfrau Irma beschert hat. Während sich diese unverschämt verschrobenen Frauenfiguren die Welt, in der sie nicht so richtig willkommen sind, einfach auf ihre Art nehmen und sämtliche Konventionen und Fremderwartungen zertrampeln, wünscht sich Antonia nur das eine: Lukas nicht zu verlieren.

Da hilft es wenig, dass sie mit Vorliebe peinliche Pinkelszenen beschreibt und mit Worten wie «Scheisse» oder «kackbraun» versucht, sich einen kessen Anstrich zu geben. Immerhin ahnt sie es selber: «Wahrscheinlich halten mich die beiden jetzt für eine totale Tussi, die alleine im Leben nicht klarkommt und die höchstens dazu in der Lage ist, einen Termin zur Maniküre/Pediküre zu verabreden, den sie dann auch noch vergisst.»

Trotz der etwas flachen Geschichte und der kruden Sprache erfrischt «Bis einer heult», der erste Roman der Kölner Autorin Nina Schmidt, durch die konsequente Verweigerung jeder Mystifizierung der Weiblichkeit. Die Penetranz, mit der die Antiheldin Antonia sich und ihre kleinlichen Sorgen ins Zentrum stellt, ist auch ein selbstbewusstes Zurschaustellen weiblicher Selbstbehauptung.

Nina Schmidt: Bis einer heult. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 2007. 256 Seiten. 15 Franken