Erwin Wagenhofer: «Die fliegen das in die Schweiz!»

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Drei Jahre lang arbeitete Erwin Wagenhofer an «Let’s Make Money». Der Dokumentarfilm geht der Frage nach, wie das Finanzsystem funktioniert. Dass der Film mittlerweile von den Ereignissen eingeholt wurde, bestätigt einzig seine Dringlichkeit. Der Filmregisseur über neoliberale Grundrechnungsarten und Rechtfertigungsstrategien. Sowie über den Weg des Goldes und anderer Stoffe.


WOZ: Erwin Wagenhofer, im letzten Frühling wollten wir mit Ihnen als Regisseur von «We Feed the World» ein Interview machen zur Nahrungsmittelkrise ...

Wagenhofer: ... genau, ich erinnere mich!

Sie sagten damals, Sie seien für Dreharbeiten in der Schweiz und froh um möglichst wenig Aufmerksamkeit. Nun liegt Ihr neuer Film zum Finanzsystem vor. Könnte man sagen, Erwin Wagenhofer sieht die Krisen voraus - und vorher macht er noch einen Film?

Na, schauen Sie: Wer sich ernsthaft mit unserer Gesellschaft beschäftigt, mit einem gewissen politischen Background, und sich Fragen stellt, die ihm niemand beantworten kann - dem war schon vor Jahren klar, dass diese Krise kommen wird. Nicht nur mir. Jeder Bankenmensch, jeder Wirtschaftsmensch, welchem ich in den drei Produktionsjahren begegnet bin, hat nur von dieser Krise gesprochen.

Weshalb war sie vorhersehbar?

Es kann ja nicht funktionieren, dass wir ein Wirtschaftswachstum haben von zwei, drei Prozent in den letzten Jahrzehnten. Und dann betragen die Renditen plötzlich zehn, zwanzig Prozent. Und Joe Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, spricht sogar von 25 Prozent. Ich bin ja der Meinung, dass die Neoliberalen maximal die Grundrechnungsarten beherrschen, und von denen wieder speziell zwei.

Welche?

Nämlich die Multiplikation und die Addition. Die Subtraktion - nix! Und die Division, teilen - ja schon gar nix! Dieser Fake: dass nie bilanziert wird, wenn wir etwas aus der Natur nehmen.

Kamen Sie von der Nahrung aufs Geld?

Es war fast umgekehrt, das Geld hat mich immer mehr interessiert. Ich war siebzehn Jahre alt, als ich meinen Vater, der auch ein sehr politischer Mensch war, gefragt habe: Warum brauchen wir ständig ein Wirtschaftswachstum? Wenn wir null Wirtschaftswachstum haben - dann wird schon sehr viel produziert. Wenn uns ein Wirtschaftswachstum von zwei, drei Prozent aufgezwungen wird, so bedeutet das: Ein Bäcker, der dieses Jahr 10 000 Semmeln macht, muss im nächsten Jahr 10 300 machen. Hätte er Abnehmer, wäre das gut! Hat er aber nicht in einer saturierten Welt! Was mit den 300 Semmeln passiert, zeigt der Anfang von «We Feed the World»: Die werden in den Müll gekippt.

Sie klinken sich in die Kreisläufe ein und zeigen so ein Bild der Abhängigkeiten.

Meine Methode geht aus von der Frage: Was hat etwas mit uns zu tun? Mich interessiert nicht Burkina Faso, die haben nur ihre Baumwolle, und der Boden erodiert, und das ist alles so dramatisch ... Sondern: Was hat das mit uns zu tun? Ich wollte den Film zuerst «Die Aktiengesellschaft» nennen. Weil wir alle Aktionäre sind, ob wir es wissen oder nicht. Mindestens über die Pensionskassen. Das war ja auch so ein Trick der Neoliberalen, dem kleinen Mann, der kleinen Frau zu sagen: Sie können jetzt auch partizipieren! Kaufen Sie sich ein paar Aktien! Lassen Sie Ihr Geld arbeiten!

Sie haben die Verwicklung der Einzelnen angesprochen. Welche Rolle spielt die Schweiz als Land im Finanzsystem?

Einen Film über Geld zu machen, in dem die Schweiz nicht vorkommt, wäre ein gewisser Fehler. Wir zeigen im Film ja eine Goldmine in Ghana. Wir sind ein ganz kleines Team, wir waren da zu dritt, und ich machte selbst die Kamera. Ich filmte also, wie sie diese Boxen mit dem Edelmetall in den Helikopter hievten. Es musste schnell gehen, schwerste Sicherheitsbedingungen. Da sah ich plötzlich die Aufschrift: «Switzerland». Ich dachte, das gibt es doch nicht! Ich sitze irgendwo im ghanaischen Regenwald oder in den Resten, die noch davon übrig sind, und lese: «Switzerland». Die fliegen das von hier in die Schweiz!

Und was passiert hier mit dem Gold?

Hier passiert die wunderbare Wertvermehrung. 97 Prozent der Wertschöpfung des Edelmetalls passieren hier, nur drei Prozent bleiben in Ghana. Und warum muss das in der Schweiz sein? Weil in der Schweiz dafür kaum Steuern zu bezahlen sind. Dass drei der vier Schweizer Raffinerien im Tessin liegen, ist kein Zufall. Das hat viel mit der Mafia zu tun.

Klammern Sie illegale Geschäfte im Film bewusst aus?

Die legalen beschreiben schon genug.

Also zurück zum Gold.

Die zweitgrösste US-Goldfirma Newmont, so beginnt die Geschichte, sucht sich irgendwo auf der Welt einen Platz mit Goldvorkommen aus. Ghana ist bekannt dafür, hiess früher auch Goldküste. Da werden zuerst Verträge gemacht, ich rede noch gar nicht von Bestechungen. Ein grosses Areal wird abgesteckt, vergleichbar einem österreichischen Bundesland. Darauf leben Bauern, in diesem Fall Kakaobauern. Die werden nun entschädigt, erhalten pro Baum zehn Dollar. So viel erhalten sie für die jährliche Ernte. Ein Kakaobaum bringt ab zwanzig Jahren Ertrag und kann bis zu achtzig Jahre alt werden. Im besten Fall würde er dem Bauern also 600 Dollar einbringen.

Wer zahlt die Kakaobauern aus?

Der Kredit, um die Bauern auszuzahlen und um das Land für die Sprengungen vorzubereiten, wird von der Weltbank zur Verfügung gestellt. Obwohl Newmont hochprofitabel ist. Die Weltbank ist eine Aktiengesellschaft, und die Mitgliedsländer sind ihre Aktionäre. Schweiz, Österreich, Deutschland, wir sind Aktionäre. Unser Finanzminister fährt einmal im Jahr zur Sitzung. Auf der Traktandenliste steht dann beispielsweise «Ghana, Goldmine». Bei der entsprechenden Abstimmung über den Kredit gab es drei Enthaltungen und einen Gegner. Der Deutsche stimmte dagegen. Wie gesagt, lediglich drei Prozent des Goldes bleiben in Ghana. Und wer bezahlt den Weltbankkredit zurück? Natürlich die GhanaerInnen.

Spielt die Schweiz diese Rolle der Wertvermehrung nur beim Gold? Oder auch bei anderen Stoffen?

Weil wir alle drei Jeans anhaben - ja, der Fotograf auch! -, können wir die als Beispiel nehmen. In China befindet sich ein Drittel der Weltjeansproduktion. Alle Marken, von den billigsten bis zu den High-End-Diesel-Jeans. In der Regel kostet die Hose in China zwischen zwei bis drei Dollar das Stück. Und kostet dann in Wien zwischen siebzig und hundert Euro. Die Jeans werden in Schanghai verschifft und gelangen über den Hafen von Rotterdam nach Europa. Auf dem Papier macht die Jeans aber einen ganz anderen Weg: von den Bahamas auf Jersey, von Jersey in die Schweiz, von der Schweiz wieder irgendwohin und noch irgendwohin - und am Schluss landet die Rechnung auch in Rotterdam.

Und beträgt dann siebzig Euro.

Genau. An einem Ort wird das Logo bewertet: zwanzig Euro wert. Und an einem nächsten das Marketingkonzept: nochmals zwanzig Euro. Dann noch die Finanzdienstleistung: fünf Euro wert. Und so weiter. In Ländern wie den Bahamas, auf Jersey oder in der Schweiz werden Dienstleistungen angeboten, die rein fiktional sind, aber nicht versteuert werden müssen. Per E-Mail, ssssst, schon ist die Rechnung durch. Deshalb sind solche Länder für die Konzerne sehr wichtig. So funktioniert die ganze Welt. Das hat NZZ-Wirtschaftschef Gerhard Schwarz bis heute nicht verstanden: Afrika ist der rohstoffreichste Kontinent. Die Afrikaner zahlen den Eintrittspreis, den er im Film haben will. Und zwar seit Jahrhunderten!

Wie wählen Sie sich eigentlich Ihre Gesprächspartner aus?

Mich interessiert nicht die Frage nach der Schuld. Ich sage immer: Schuld ist etwas für Religionen. Und für Versicherungen. Vielmehr interessiert mich: Wer übernimmt die Verantwortung? Ich suchte also nach Verantwortlichen und setzte immer sehr hoch an. Ich versuche, Topleute zu bekommen.

Genau das wird Ihnen von der linken Kritik, etwa in der deutschen Wochenzeitung «Jungle World», angelastet: dass sie nicht mit den Menschen unten sprechen.

Ich probiere es jedes Mal. Ich habe in Indien beispielsweise mit Arbeiterinnen und Arbeitern vom Kovac-Werk gesprochen. Aber sie bangen um ihren Job. Darum habe ich das Material weggelassen. Was viele Linke nicht mitdenken: dass ich die Leute schützen muss. Als ich an die Premiere von Hubert Saupers Nilbarschfilm «Darwins Nightmare» ging, dachte ich: Die Angestellten, die da frei sprechen - die kriegen ja alle Schwierigkeiten. So kam es auch: Sie wurden des Landes verwiesen, ins Gefängnis gesteckt.

Wie rechtfertigen die Verantwortlichen ihr Handeln?

Viele von den Leuten sind ja angenehme Burschen. Gescheit und alles. Aber die dienen halt einfach dem System. Sie profitieren. Und wenn ich da mitspiele, dann muss ich mir ja selbst eine Rechtfertigungsstrategie zurechtlegen. Manche sagen zum Beispiel: Armut hat es immer gegeben. Die wird es immer geben. Das ist aber für mich kein Argument. Nur, weil es sie immer gegeben hat, heisst das nicht, dass man nicht langsam einmal gegensteuern könnte.

Was wäre für Sie der Ausweg aus der Krise?

Wir brauchen ein völlig neues System. Wir brauchten einen dritten Weg. Der dritte Weg wird ausschauen: Wie verteilen wir gerechter? Noch wie war eine Gesellschaft so reich wie unsere. Warum verteilt sie nicht richtig?

Wird die Frage jetzt diskutiert?

Wir leben leider in einer geschlossenen Angstgesellschaft. Solange die Politiker und die Wirtschaftslenker in der Verantwortung sind - so lange müssen sie ihr Ding durchziehen. Kurz war da was, doch schon ist wieder alles eingelullt. Mit Rettungspaketen und mit Riesenkampagnen. Den dritten Weg wird es so schnell nicht geben.

Sie sagen, die Krise ist schon vorbei?

Die Auswirkungen kommen erst.

Aber auf der ideologischen Ebene?

Schon vorbei. Alles zugedeckt.

Profitiert jemand von der Krise?

Die Profiteure sind schon weg, bevor das Kartenhaus einstürzt. In Spanien beispielsweise die Baukonzerne. Und auch die Energiekonzerne profitieren, weil die Häuser nicht mit neuen Technologien geheizt werden. Die Verluste werden jetzt sozialisiert. Die spanische Zentralbank musste bereits Goldreserven verkaufen, die gehören ja nicht dem König und nicht dem Präsidenten, sondern den Spanierinnen und Spaniern. Die Währungsreserven sind auch schon weg, die Verschuldung steigt.

Nach der Ernährung und dem Geld - wovon handelt Ihr nächster Film?

Es wird ein Liebesfilm.

Erwin Wagenhofer

Der 1961 geborene Erwin Wagenhofer bildete sich zum Nachrichtentechniker aus, nachdem ihn die Universität für angewandte Kunst Wien nicht aufgenommen hatte. Wagenhofer produzierte zahlreiche Kurzspielfilme und Fernsehdokumentationen. 2005 kam «We Feed the World» in die Kinos und wurde schnell zum erfolgreichsten österreichischen Dokumentarfilm. Europaweit sahen ihn mehr als 800 000 ZuschauerInnen. Heute lehrt Wagenhofer an der Universität, die ihn einst nicht aufnehmen wollte. Er arbeitet meist in einem kleinen Team.

DER FILM : Kaleidoskop der Krise

Investmentguru, NZZ-Redaktor, Wirtschaftskiller, Goldminen in Ghana, Bauwüsten in Spanien: «Let's Make Money» bringt sie in täuschender Einfachheit zusammen.

Die letzten Bilder für seinen neuen Film hat Erwin Wagenhofer im August 2008 gedreht. Knapp einen Monat später weitete sich die US-Immobilienkrise zur weltweiten Finanzkrise aus. «Let’s Make Money» ist, das trifft die Beobachtungsweise des österreichischen Regisseurs vielleicht am besten, ein Kaleidoskop dieser Krise. Ein Fernrohr mit bunten Steinen drin. Die sich drehen, spiegeln, überlagern.

Eine der eindrücklichsten Aufnahmen zeigt einen Steinbruch in Burkina Faso. Die Baumwollmonokultur hat zur Erosion des Bodens geführt. Selbst Frauen und Kinder schlagen jetzt von Hand nach dem letzten Wert: dem Stein. Das Elend hört sich an wie eine Klangskulptur. Da sind, als weiteres Beispiel, leer stehende Appartements an der spanischen Costa del Sol zu sehen. Kilometerlang aus dem Flugzeug gefilmt, unterbrochen nur von menschenleeren Golfplätzen. In der Nacht fährt die Polizei durch die Siedlungen. Wie durch eine Geisterstadt.

Im Kreislauf
Im Jahr 2005 sorgten zwei Dokumentarfilme für Gesprächsstoff: Beide kamen aus Österreich, beide beschäftigten sich mit dem Thema Ernährung: «Darwin’s Nightmare» von Hubert Sauper und «We Feed the World» von Erwin Wagenhofer. Wer beide gesehen hat, erinnert sich an beide zusammen: an Saupers höllisch-delirierende Bilder vom Viktoriasee, wo die Reste des Nilbarsches verbrannt werden. Der Fisch selbst wird nach Europa ausgeflogen, in den Frachtflugzeugen retour werden angeblich Waffen geliefert. Und an Wagenhofers nicht weniger beklemmende Aufnahmen aus einer hiesigen Geflügelfarm, inklusive serieller Schlachtung und Abpackung.

«Darwin’s Nightmare» war ein raffiniertes Beispiel. «We Feed The World» lieferte den Zusammenhang. Ausgehend vom Wiener Naschmarkt beschrieb Wagenhofer die globalen industrialisierten Nahrungskreisläufe. Quer durch Gewächshäuser und Sojafelder begab sich der Film ins Büro von Peter Brabeck am Nestlé-Hauptsitz in Vevey. Wasser, sagte der damalige CEO des Nahrungsmittelmultis, sollte kein öffentliches Gut mehr sein, sondern ein Lebensmittel mit einem Marktwert.

Wie er der Nahrung gefolgt ist, folgt Wagenhofer nun der Spur des Geldes. Rund um den Globus trifft er seine GesprächspartnerInnen. Er bittet sie nicht zu Interviews, sondern zu Monologen. Zu ihrer Sicht der Dinge.

Sehr schön - für Fans - knüpft der Film dort an, wo der letzte aufgehört hat: in Vevey. Diesmal geht es mit der Standseilbahn auf den Mont Pèlerin. Dort erzählt Gerhard Schwarz, der Wirtschaftschef der NZZ von der nach dem Berg benannten Gesellschaft: Die neoliberalen Vorstellungen der Mitglieder der 1947 gegründeten Mont-Pèlerin-Gesellschaft hatten grossen Einfluss auf die Regierungen von Ronald Reagan und Margaret Thatcher. Die Einwanderung nach Europa vergleicht Schwarz mit dem Eintritt in einen Tennisclub. Eine Beitrittsgebühr sei selbstverständlich.

Blut auf den Strassen
Über den Neoliberalismus als Ideologie spricht auch der britische Ökonom John Christensen, einst beteiligt beim Ausbau der Insel Jersey zur Steueroase: Deregulierung der Finanzmärkte, Liberalisierung der Handelsströme, Privatisierung der Industrien, die Abschaffung des Staates - das seien die vier massgeblichen Elemente. Christensen hat im Gegensatz zu Schwarz die Seite gewechselt. Er kritisiert heute, dass die Steueroasen eine massive Kapitalflucht aus den Entwicklungsländern bewirken: Für jeden Dollar Entwicklungshilfe würden unter dem Tisch zehn Dollar zurückfliessen.

Die nackte Realität der Ideologie schildern unter anderen Mark Mobius und John Perkins. Mark Mobius, 74 Jahre alt, ist noch immer pausenlos bei der Arbeit oder im Fitnessstudio. Er gilt als Guru der sogenannten Emerging Markets, der risikoreichen Investitionen in Schwellenländern. «Ich glaube nicht, dass ein Investor verantwortlich ist für die Ethik», sagt Mobius in Singapur. «Es gab einen berühmten Ausspruch, dass die beste Zeit zu kaufen ist, wenn das Blut auf den Strassen klebt. Ich füge hinzu: auch wenn es dein eigenes ist. Denn wenn es Krieg, Revolution, politische Probleme und Wirtschaftsprobleme gibt, dann fallen die Preise von Aktien. Und jene Leute, die an diesem Tiefpunkt kauften, haben jede Menge Geld gemacht.»

John Perkins wiederum arbeitete als sogenannter Economic Hitman, als Wirtschaftskiller, darüber hat er auch einen Bestseller geschrieben. Jetzt streift er durch den Palmenhain seiner Villa in Florida und erzählt, dass es die Aufgabe eines Wirtschaftskillers sei, Regierungen zu korrumpieren. Sind sie nicht erfolgreich, würden die «Schakale» losgeschickt. Perkins: «Das sind Menschen, die Regierungen stürzen oder deren Führer ermorden. Als ich an Jaime Roldos in Ecuador und Omar Torrijos in Panama scheiterte, traten die Schakale auf den Plan und ermordeten sie.» Gelinge auch der Sturz nicht, folge Krieg. So sei es Saddam Hussein ergangen, weil er sich nicht an die Erdölbindung des Dollars habe halten wollen.

Gegen das Kurzzeitdenken
Ein Helikopter bringt Gold aus einer Mine nach Accra, der Hauptstadt Ghanas. Von dort gelangt es weiter in die Schweiz. Gegenüber dem Weltbank-Sitz wird den Obdachlosen Washingtons Suppe verteilt. Ein indischer Junge lässt über dem Slum einen Drachen steigen und träumt von einer besseren Zukunft. Die Botschaft von «Let’s Make Money» lautet: Die Ausbeutung des Südens durch den Norden, die Sozialisierung privater Verluste - das führt in die Krise. Manche werden einwenden: Wussten wir doch schon! Ist ja auch allzu einfach! Nur ist es nicht so einfach, sich das selbst einzugestehen.

Lose reiht Wagenhofer seine Aufnahmen aneinander. Die Steinbruchklänge, die Geisterstadtbilder, die Gesprächsfetzen entwickeln ihren eigenen Sog. «Das radikale Kurzzeitdenken ist typisch für das neoliberale Zeitalter», sagt der deutsche Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer an einer Stelle. «Alles, das gesamte Denken und Handeln ist verkürzt auf die aktuelle Erzielung einer höchstmöglichen Rendite.» Wagenhofers Filme leisten das Gegenteil: Sie stellen die Verbindung her.

Kaspar Surber