Steuerstreit USA–Schweiz: Die Schlinge wird enger

Nr. 5 –

Die US-amerikanischen Steuerbehörden erhöhen den Druck – auf alle Schweizer Banken.


In diesen Tagen berät eine Delegation aus der Schweiz mit VertreterInnen der US-amerikanischen Steuerbehörde IRS in Washington, wie der Streit um UBS-Kontoinformationen von vermutlichen amerikanischen SteuersünderInnen doch noch beigelegt werden kann. Ihre Aufgabe ist nicht einfach: Die USA planen, den Fall UBS als Pilotfall für ihr Vorgehen gegen die KundInnen anderer ausländischer Banken zu nutzen. Es muss deshalb aus Sicht der USA ein legaler Weg gefunden werden, wie die Informationen über SteuerhinterzieherInnen übermittelt werden können.

Nach dem erfolgreichen Amnestieprogramm für SteuersünderInnen, die sich bei der IRS selber anzeigten, prüft man dort nun laut einem IRS-Mitarbeiter, ob bei anderen Schweizer Finanzinstitutionen ähnliche Schwarzgeldkonti versteckt sind. Bei dieser Jagd hat der Staat die öffentliche Meinung hinter sich. Dass die 4450 – aus US-Sicht versprochenen – Daten über UBS-Konti jetzt von der Schweiz nicht ohne erneute Verhandlungen überreicht werden, stösst in den USA auf zusätzlichen Unmut.

Denn der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, dem zufolge die Herausgabe illegal ist, wird hier vor allem als riesiges Hindernis auf dem Weg gesehen, auch an die Gelder bei anderen Schweizer Banken zu kommen. Wie viele KundInnen beispielsweise der Credit Suisse oder von Julius Bär werden sich noch freiwillig bei der Steuerbehörde melden, wenn sie wissen, dass ihre Daten bei diesen Banken sicher sind? Nur Dank des grossen Drucks hatte das Selbstanzeigeangebot vergangenes Jahr so viel Erfolg.

Die Idee des Bundesrats, die IRS solle den Schweizer VertreterInnen doch Einblick in die Daten der rund 15 000 SelbstanzeigerInnen gewähren, damit sie diese mit den 4450 geforderten vergleichen können, ist deshalb ein «Nonstarter», ein Blindgänger, wie sich die «New York Times» am Montag ausdrückte: «Die Schweizer befinden sich in dieser Klemme, weil sie ein Bankensystem aufgebaut haben, das sich auf Steuerhinterziehung stützt», schreibt das Blatt. Es gehe nicht an, dass die Reichen der Welt weiter ihre Beute in den Alpen versteckten und sich weigerten, ihre Steuern korrekt zu zahlen. Der Status quo sei nicht mehr haltbar.

Selbstanzeigen reichen nicht

US-amerikanische Steueranwälte wie Scott Michel von der Washingtoner Kanzlei Caplin & Drysdale, die UBS-KundInnen vertritt, gehen zwar davon aus, dass die IRS bald bekannt geben wird, sie sei bereits im Besitz von Informationen über 10 000 US-amerikanische UBS-Konten. In diesem Fall versprechen die USA, die John Doe Summons, eine Vorladung gegen Unbekannt, ganz zurückziehen; diese Vorladung war durch das Abkommen vom August sistiert worden. Doch selbst wenn dies geschieht, liegt noch eine weitere Schlinge um den Schweizer Hals: Ein anderer Paragraf im Vertrag macht klar, dass die USA eine substanzielle Zahl von Daten direkt aus Schweizer Hand und auf legalen Wegen erwarten. Sollte das wirkliche Resultat des Abkommens sich stark vom erwarteten Ergebnis unterscheiden, können beide Seiten «Massnahmen» treffen. «Wenn keine Daten auf dem Weg der Amtshilfe fliessen, wird die amerikanische Seite das Abkommen als unerfüllt werten», sagt etwas Thomas Zehnle von der Washingtoner Anwaltskanzlei Bryan Cave.

Was können die US-Behörden tun, wenn das Parlament das Abkommen nicht genehmigt und so das Bankgeheimnis aufrechterhält? Die Schweiz hat dann nach Auffassung der US-Experten ihren Teil des Vertrags nicht eingehalten, das neue Doppelbesteuerungsabkommen steht in Gefahr. Auch die UBS kann wegen Nichterfüllung des Abkommens gerichtlich wieder belangt werden. Übergibt die Bank die Daten auch dann nicht, bricht sie US-Gesetz. Sie steht dann vor der Entscheidung, welcher Rechtsbruch schärfere Konsequenzen hat.

Und wie wird das Schweizer Parlament reagieren, sollten die USA Vermögensteile der Bank beschlagnahmen? Auch wenn es den UnterhändlerInnen gelingt, die UBS-Affäre gütlich zu regeln: Am Unterschied zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung wird die Schweiz nicht festhalten können.

Glaubt jemand, andere Schweizer Banken seien aufrichtiger als die UBS? Ein US-Gericht, das im Dezember die Credit Suisse wegen unlauterer Geschäfte mit dem Iran zu einer 536-Millionen-Dollar-Busse verdonnerte, legt jedenfalls andere Annahmen nahe.

Das Problem Birkenfeld

Ein Problem hat die IRS aber in ihren Bemühungen, die Steuergelder auch von Konten anderer Schweizer Banken einzutreiben. Es trägt den Namen Bradley Birkenfeld. Der ehemalige UBS-Banker präsentierte den Behörden den Fall auf dem Silbertablett; damit gelang es ihnen, die illegalen Aktivitäten der UBS nicht nur aufzuzeigen, sondern auch zu beweisen. Ein solcher Kronzeuge fehlt noch für eine Strafuntersuchung gegen andere Institute. Zudem sitzt Birkenfeld wegen seiner Verwicklung in die Affäre nun selber eine Gefängnisstrafe ab. Andere sogenannte Whistleblower, die allenfalls gewillt sein könnten, die krummen Geschäfte ihrer Firmen aufzudecken, könnten dadurch abgeschreckt werden.

Andererseits weiss man von Birkenfeld, dass er sich in einer letzten Berufungsverhandlung die Freiheit erkaufen wollte, indem er weiteres belastendes Material gegen Schweizer Banker vorlegte. Worum es sich dabei handelt und ob es bereits in den Händen der IRS ist, darüber schweigen sich seine Anwälte aus.