100 Wörter: Die Pfandlawine

Nr. 18 –

Im Jahresbericht der Grundpfandverwerter hatte es einen derart groben Fehler, dass niemand auf die Idee kam, zu reklamieren. Denn wenn man sich erst einmal auf Kritik einliess, brachen bald die Dämme, und das Geschäftsmodell drohte zu verrosten. Also winkte man die dubiosen Machenschaften einstimmig durch und sprach den Mandatsinhabern das uneingeschränkte Vertrauen aus. Diese dankten es, indem sie ihren Lohn verdoppelten, bis Pfingsten in die Karibik fuhren und es dort krachen liessen, dass beinahe Erdbebenalarm ausgelöst wurde. Dann kehrten sie mit besorgter Miene ins Amt zurück und löteten eine Prozesslawine zusammen, von der sie triumphal ins nächste Geschäftsjahr getragen wurden.

Stephan Pörtner ist Krimiautor («Köbi der Held») und lebt in Zürich. Für die WOZ schreibt er Geschichten, die aus exakt 100 Wörtern bestehen.