Trolleybusse: Umweltfreundlich, stark und leise bergaufwärts

Nr. 41 –

Er wirkt wie aus der Zeit gefallen, ein Relikt für Nostalgiker: der Trolleybus. Doch Totgesagte leben länger. Zu Besuch beim letzten Hersteller der Schweiz. Er vermeldet steigende Verkaufszahlen.


Schienen am Himmel. Welch schöner Begriff für die Oberleitungen, die den Trolleybus über die charakteristischen Stromabnehmer mit Elektrizität speisen. Vielleicht sind es diese Himmelsschienen, die das nostalgische Gefühl auslösen, dass diese Busse irgendwie aus der Zeit gefallen sind, wo doch nach und nach alle Leitungen in Böden und Wände verlegt werden. Dabei erleben Trolleybusse in der Schweiz gerade einen kleinen Wiederaufschwung, sind gar ein Politikum.

Das zeigt sich etwa in den beiden Städten Basel und Schaffhausen, wo in den vergangenen Jahren teilweise fast schon gehässig über den Erhalt der dortigen Trolleybuslinien diskutiert wurde. Erstaunlicherweise entschloss sich das Stadtparlament im eher bürgerlich geprägten Schaffhausen im Sommer 2009 für den Trolleybus. Die Bevölkerung des rot-grünen Basel aber hatte sich 2008 dagegen ausgesprochen. «Mit 46,3 Prozent Ja-Stimmen erreichten wir immerhin einen Achtungserfolg», sagt Beat Leuthardt, Geschäftsführer des Komitees Pro Trolleybus. Das Komitee hatte die Initiative zum Erhalt der Trolleybusse lanciert, nachdem die damalige SP-dominierte Regierung aus «zu kurz gedachten Sparmassnahmen», so Leuthardt, auf die elektrisch betriebenen Busse verzichten wollte. Das Scheitern der Initiative führt er hauptsächlich auf «eine perfide Gegenkampagne» zurück. «Biogasbus statt Trolleybus» hiess der Slogan der GegnerInnen, wobei das Etikett Biogas laut Leuthardt «ein halber Schwindel war», weil die Busse teilweise auch mit gewöhnlichem Erdgas gespeist würden. Sein Fazit lautet, dass es sich in Basel «letztlich um ein lokales Phänomen» handelte, das nicht auf die Situation in anderen Städten übertragbar sei.

Die Argumente der BefürworterInnen und GegnerInnen deckten sich dabei in beiden Städten und stehen exemplarisch für die Diskussion, ob Trolley- oder Dieselbusse sinnvoller seien. Grundsätzlich geht es um den Gegensatz von Ökologie und Ökonomie. Die elektrisch betriebenen Trolleybusse sind klar umweltfreundlicher, Dieselbusse mit ihren Verbrennungsmotoren hingegen kostengünstiger in der Anschaffung wie auch im Unterhalt. Diese einfache Gleichung greift allerdings zu kurz. Trolleybusse weisen weitere Vorteile auf: So sind sie viel leiser als Dieselbusse. Mit bis zu 25 Jahren verfügen sie zudem über eine höhere Lebensdauer (Dieselbusse: maximal 15 Jahre). Andererseits sind Trolleybusse an fixe Routen gebunden, sind folglich nur im städtischen öffentlichen Verkehr sinnvoll, nicht aber auf Überlandstrecken.

Entsprechend existieren Trolleybussysteme nur in Städten – momentan in dreizehn. Die Schweizer Hochburg ist Lausanne, wo Trolleybusse bereits seit 1932 unterwegs sind. Mittlerweile bedienen sie zehn Lausanner Linien. Dass gerade die hügelige Stadt mit ihren zum Teil sehr steilen Strassen so stark auf Trolleybusse setzt, ist kein Zufall. In solchem Gelände zeigt sich ein weiterer Vorteil: Durch den Antrieb über den Elektromotor hat ein Trolleybus eine viel kürzere Beschleunigungsphase als Dieselbusse. Steigungen lassen sich dadurch schneller bewältigen, die Fahrzeit nimmt ab.

Bilaterale Verträge als Plus

Wenn es in der Schweiz einen Menschen gibt, der sich mit Trolley- wie mit Dieselbussen gleichermassen auskennt, ist es Alex Naef. Der 41-Jährige ist Chef des einzigen verbliebenen Busherstellers des Landes: die Firma Hess AG, die im solothurnischen Bellach beide Busarten herstellt. «Momentan ist die Nachfrage nach Trolleybussen hoch», sagt Naef. «Besonders gefragt sind grosse Modelle, wie unser ‹lighTram›, ein 25 Meter langer Doppelgelenkbus, der Platz für 200 Personen bietet und aktuell rund 1,5 Millionen Franken kostet. Er fährt beispielsweise in Zürich, Genf, Luzern oder St. Gallen.» Auf dem grosszügigen Firmengelände mit seinen Lagerhallen stehen gerade mehrere einfache Gelenkbusse in unterschiedlichen Baustadien. Die Stadt Winterthur hat 21 solcher «Swisstrolleys» von knapp achtzehn Meter Länge in Rot-Weiss bestellt. Die Busse werden vom «ersten Bleistiftstrich bis zur Ablieferung» Schritt für Schritt in den Hallen zusammengesetzt. Die Durchlaufzeit beträgt pro Bus ungefähr zehn Wochen, und am Ende des Prozesses sind in jedem Fahrzeug über zwölf Kilometer Kabel verlegt worden.

Durchaus Zukunftschancen

«Wir liefern unsere Trolley- und Dieselbusse auch ins westeuropäische Umland, vor allem nach Deutschland, Frankreich und Holland», sagt Naef. In Osteuropa hingegen, wo viele Städte Trolleybussysteme nutzen, sei es praktisch unmöglich, in den Markt zu kommen. «Wir können preislich mit den dortigen Produzenten nicht mithalten. In Westeuropa aber setzt man nicht nur auf den Preis. Kriterien wie Innovation, Technologie und vor allem Service spielen ebenfalls eine Rolle», hält Naef fest und sagt, dass die bilateralen Verträge mit der EU der Hess AG bei der Vergabe zur Chancengleichheit verholfen hätten.

«In den neunziger Jahren gab es praktisch keine Nachfrage nach Trolleybussen», sagt Naef, der seine Firma in fünfter Generation führt. Das Thema komme stets in Wellenbewegungen. Das liegt einerseits in der Natur der Sache, weil die Lebensdauer einer Busflotte beschränkt ist, andererseits an gesellschaftspolitischen Umständen. «Während des Zweiten Weltkriegs ist Diesel rationiert worden. Der elektrisch betriebene Trolleybus hat sich als Alternative erwiesen, der ohne ausländische Energiequelle auskam. Einige Städte haben damals Trolleybussysteme eingeführt.» Als zweites Beispiel erwähnt Naef die Ölkrise und den hohen Dieselpreis in den siebziger Jahren. Aktuell seien der Umweltschutz und die CO2-Reduktion ein gutes Verkaufsargument.

Für Naef ist klar, dass die Trolleybusse auch künftig ein Thema bleiben, in der Schweiz vor allem in jenen Städten, wo die Oberleitungen und die Unterhaltsinfrastruktur bereits bestehen. Dort sieht er gar die Chance, dass Linien verlängert werden oder neue Linien hinzukommen. Solche Überlegungen werden in verschiedenen Schweizer Städten angestellt. Entsprechende Finanzierungshilfen bestehen dank dem Infrastrukturfonds des Bundes.

Beat Leuthardt vom Komitee Pro Trolleybus gibt sogar Basel noch nicht ganz verloren: «2015 steht zum Beispiel der Ersatz der Dieselbusse auf der am stärksten frequentierten Linie 36 an. Sie ist prädestiniert für eine Umstellung auf den ökologischen Trolleybus. Wir werden auf jeden Fall für die Wiedereinführung kämpfen.»


Trolleybus und Rollerwagen

Der deutsche Industrielle und Elektrotechnikpionier Werner von Siemens experimentierte bereits in den 1880er Jahren in Berlin mit einem ersten Batteriebusprojekt. Als er wegen der mangelnden Speicherkapazitäten der Batterien nicht mehr weiterkam, hatte er die Idee, die Energie von aussen, mit Oberleitungen, zuzuführen. Dafür liess er einen kleinen Rollerwagen konstruieren, den der Bus zwecks Stromabnahme hinter sich herzog. Die englische Bezeichnung für diesen Rollerwagen hiess «Trolley».

In Deutschland und Österreich setzte sich schliesslich die Bezeichnung Oberleitungsbus durch, während in der Schweiz bis heute der englische Begriff benutzt wird – auch wenn Rollerwagen bereits in den zwanziger Jahren technisch überholt und entsprechend auf Schweizer Strassen nie in Gebrauch waren.