Diesseits von Gut und Böse: Nazihumor

Nr. 8 –

Ein Tross Drittklässler drängt sich auf dem Heimweg um ein iPhone. «Hitläärr!», brüllt der Besitzer des Geräts, als sie meinen Weg kreuzen. «Was, Mann, du bisch Hitler-Fan?», sagt sein Kollege, «warum nicht Napoleon-Fan?» Die Antwort des achtjährigen Hitler-Fans bekomme ich nicht mehr mit, doch sie liegt auf der Hand. Schuld muss Charlie Chaplin sein. Was bei ihm mit «Der grosse Diktator» begann, ist bis heute angewachsen zu einer ganzen Industrie: der «Simpsons»-Hitler, «Adolf, die Nazi-Sau» von Walter Moers oder die Parodien von Gerhard Polt – mein persönlicher Favorit ist ein YouTube-Video, das Ausschnitte von Hitler-Reden mit einer holländischen Version der Dance-Pop-Nummer «Barbie Girl» unterlegt. Hitler-Parodien sind lustig, und man kann es dem Knirps, dessen Grosseltern das Dritte Reich kaum mehr miterlebt haben dürften, nicht allzu übelnehmen, kennt er doch die unheimlichste Figur des letzten Jahrhunderts nur aus lustigen Filmchen. Weniger lustig ist es, wenn Mitglieder der SVP im aargauischen Widen von der Onlineenzyklopädie stupidedia.org fabrizierte, explizit rassistische Parodien von (ohnehin schon rassistischen) SVP-Werbungen ernst nehmen und auf ihre Website stellen. Da liegt die Vermutung nahe, die Verursacher hätten in einem napoleonkomplexmässigen Anfall von Grössenwahn gedacht, dass die SVP das heutzutage dürfe.