Haus der Löcher: Feuchter Trockner

Nr. 17 –

Man kann wesentlich langweiligere Einstiege wählen: Shandee findet eine Hand in einem Steinbruch, sie «war warm, die Finger bewegten sich ein wenig. Die Hand zeigte eindringlich auf ihre Tasche, also stopfte sie sie hinein» – ja, was denn sonst? Was hätten Sie mit einer lebendigen Hand, genauer: mit einem abgetrennten Arm gemacht? Es dauert nicht lange, da geht «Daves Arm» fremd mit Shandees Freundin Rianna, die es sich ordentlich – «o Gott, o Scheisse (…) ham, ham, HAA!» – von ihm besorgen lässt. Kein Problem, Shandee kommt ein bisschen später auch dran.

Zwei Dinge faszinieren am meisten an Nicholson Bakers erotischem Roman «Haus der Löcher»: die stupende Fantasie des Autors und die Selbstverständlichkeit, mit der hier sämtliche Figuren beinahe alles miteinander machen. Vorausgesetzt, sie wollen es tun. Lust und Zwang gehören bei Baker nicht zusammen, was erfreulich ist. Frauen werden nicht erniedrigt. Die Machtspiele, die gespielt werden, sind stets lustvoller, freundlicher Art. Indes entsprechen die Sexpraktiken beinahe durch die Bank heterosexuellen Normen. Was wiederum eher unerfreulich ist, beziehungsweise etwas langweilig. Ein Zugeständnis an den Markt? Wer weiss. Mit seiner Logik der Reihung stösst auch «Haus der Löcher» an die erzählerischen Grenzen jedes Pornos.

Was es mit dem titelgebenden «Haus der Löcher» auf sich hat? Und wie man dort hinkommt? Durch einen Strohhalm, einen Trockner im Waschsalon, durch das Loch in der Eichel eines erigierten Schwanzes. Löcher sind die Pforten zu diesem küstennahen, von der Sonne gesegneten Resort der frivolen Art.

Der 1957 in Rochester, New York, geborene Nicholson Baker hat schon in seinen Romanen «Vox» und «Die Fermate» die Möglichkeiten erotischer Literatur erkundet und deren Grenze ausgeweitet. In «Haus der Löcher» hat er sich eine Lewis-Carroll-artige Sex-Parallelwelt ausgedacht, in der keine Muschi trocken bleibt, wenn sie den ehrenvollen Dienst in der Peniswaschanlage verrichten darf. Schamfreier Sex ist Glück, sagt dieser humorvolle Literaturporno. Wie wäre es mit einer Fahrt auf einem Masturboot? Shandee ist auch da.

«Haus der Löcher. Aus dem Englischen von Eike Schönfeld. Rowohlt Verlag. Reinbek 2012. 320 Seiten. Fr. 28.40