Kultour

Nr. 17 –

Festival

Pink Apple

Er gilt als der erste Film mit schwulem Inhalt: «Vingarne» von Mauritz Stiller wurde 1916 gedreht und handelt von einem Bildhauer, der sich in einen jungen Mann verliebt. Das schwullesbische Filmfestival Pink Apple feiert dieses Jahr seine 15. Ausgabe und macht eine kleine Reise in die Vergangenheit: Es blickt in die Frühzeit der Filmgeschichte und zeigt die Darstellung der Homosexuellen im Laufe der Zeit. Ausserdem wirft es einen filmischen Blick in die «Anfänge homosexuellen Lebens in Zürich». Auch die Gegenwart kommt nicht zu kurz: Schweizer Premieren wie der Eröffnungsfilm «Nordzee, Texas» des belgischen Filmemachers Bavo Defurne, «Alle Tijd» des niederländischen Regisseurs Job Gosschalk oder «Joe & Belle» der israelischen Regisseurin Veronica Kedar werden in Anwesenheit der RegisseurInnen gezeigt.

Ausserdem gibt es Diskussionen und Filme zum Thema «Secondos/as und Coming-out» und eine Podiumsdiskussion zu «Lesbisch oder schwul im Thurgau: Bleiben oder auswandern?».
Silvia Süess

15. Pink Apple in: Zürich verschiedene Kinos, Mi, 
2., bis Do, 10. Mai; Frauenfeld Cinema Luna,
 Fr, 11., bis So, 13. Mai 2012. www.pinkapple.ch

Future Memories

«Aua, wir leben!»: Der Satz hallt seit dreissig Jahren Mai für Mai durch die Berner Gassen und Kulturhäuser. Wie und wer auch immer ihn in einer langen Nacht ausgerufen hat: Der Satz ist gut. Er passt zu einem Festival, bei dem es um mehr geht als um reines Vergnügen.

Die dreissigste Ausgabe des Berner Theatertreffens für zeitgenössisches Theater steht unter dem Titel «Future Memories». Am Anfang standen Fragen der FestivalmacherInnen: «Wie wird man sich an uns erinnern? Eine kriselnde Kontrollgesellschaft kurz vor der Occupy-Wende? Falls es ein ‹weit nach uns› gibt, könnte das Wissen über uns möglicherweise so tradiert werden: Was diese Spezies verband, lässt sich nicht sagen, aber allen gemeinsam war eine konstante Geste, die eine enge Beziehung zu Kleinstgeräten vermuten lässt: eine kurze zärtliche Berührung mit der Fingerkuppe?»

Fünfzehn Gruppen aus Kanada, Belgien, Holland, Britannien, Italien, Österreich, Deutschland und der Schweiz stellen sich in ihren Produktionen je auf ihre Weise diesen und weiteren Fragen. Ja, wir leben noch. Aua!
Adrian Riklin

«Future Memories – Auawirleben 2012. 30. Zeitgenössisches Theatertreffen Bern» in: Bern Dampfzentrale, Unibibliothek, Schlachthaus Theater, Junge Bühne, Tojo Theater in der Reitschule, Zentrum Paul Klee, Progr. Mi, 2., bis So, 13. Mai 2012. Detailliertes Programm: www.auawirleben.ch

Theater

Walter-Mehring-Revue

Er sei «unser aller Meister», schrieb Kurt Tucholsky über seinen Freund und Mitstreiter Walter Mehring (1896–1981), der im Berlin der zwanziger Jahre ein gefeierter Lyriker, Kabarettautor und Essayist gewesen ist.

Mehring war aber auch einer, der die Zeichen der Zeit früher als andere erkannte. Enttäuscht von der Entwicklung der Weimarer Republik, verfasste er ab 1924 seine politischen Kommentare für Zeitschriften wie «Weltbühne» und «Tage-Buch» von Paris aus. 1928 kehrte Mehring nach Berlin zurück.

Nach der Uraufführung seines Theaterstücks «Der Kaufmann von Berlin» wurde es für den bekennenden Pazifisten immer schwieriger, in Deutschland zu publizieren. 1933 verbrannten die Nationalsozialisten seine Bücher – er musste emigrieren.

Nach Exiljahren in den USA lebte Walter Mehring zuletzt in Zürich, wo er zwar nochmals seine ihm teuren kleinen Hotels und Cafés fand, doch fühlte er sich auch hier «staatenlos im Nirgendwo».Das Sogar Theater, die literarische Zürcher Kleinbühne, widmet Mehring, dem Mann mit dem «lustig-listigen Raubvogelkopf» («Der Spiegel»), nun eine Revue mit dem Titel «Mit der Güte des Menschen war’s wieder mal nichts». Es spielen und singen Graziella Rossi und Helmut Vogel, Daniel Fueter begleitet die Revue am Klavier.
Adrian Riklin

«Mit der Güte des Menschen war’s wieder mal nichts – eine Walter-Mehring-Revue» in: Zürich Sogar Theater, Do, 26., bis Sa, 28. April 2012, 20.30 Uhr, So, 29. April 2012, 17 Uhr. www.sogar.ch

Stadtrundgang

KöR steht für Kunst im öffentlichen Raum. In Bern hat sich zu diesem Kürzel ein Komitee gebildet, das nun an zwei Tagen geheimnisumrankte und verborgene Örtlichkeiten in der unteren Altstadt für Produktionen aus allen Sparten zugänglich macht. Es sind Tänzerinnen, Fotografen, Theaterschaffende, bildende KünstlerInnen, aber auch Architektinnen und Filmer aus allen Landesteilen der Schweiz, die Plätze, Nischen und Räume hinter normalerweise verschlossenen Türen nutzen.

Im Rahmen von ArtStadtBern lässt sich also flanierend so manche Entdeckung machen. Der Kunstparcours fördert aber auch den Dialog zwischen den rund dreissig jungen Kunstschaffenden und den BesucherInnen. Womit beschäftigt sich Dietmar Ludewig in seiner «designwerkstatt», und wie arbeitet er mit der Malerin Maja Wagner zusammen? Man kann dem ehemaligen Kulturminister Heinrich Gartentor (siehe WOZ Nr. 14/12) begegnen oder in Erfahrung bringen, wer sich hinter «utopianbody», Monsignore Dies und Penelope Margaret Machworth-Praed verbirgt – und bei diesen Gelegenheiten Blicke hinter die alten Sandsteinmauern und in Kellergewölbe werfen.
Fredi Bosshard

KünstlerInnen gestalten öffentliche Räume in: 
Bern Untere Altstadt, Fr, 27. April 2012, 17–22 Uhr; 
Sa, 28. April 2012, 14–22 Uhr. Info-Point im Zunfthaus zu Webern. www.artstadtbern.ch