Kommentar: Kolonialherr Fluri und die Jugend

Nr. 9 –

Kurt Fluri ist meistverdienender Stadtpräsident der Schweiz: 380 000 Franken Jahreseinkommen. Fluri ist auch für alles zuständig in Solothurn: Weil es keinen Stadtrat gibt, führt er acht Verwaltungen und drei Museen. Selbst in der Nacht ist er um Ruhe und Ordnung besorgt. Gegen seinen Entscheid, dass die Kulturfabrik Kofmehl schon um zwei Uhr morgens schliessen muss, hat sich schliesslich die Jugend auf der Strasse gewehrt.

Fluri politisiert als Nationalrat für die FDP auch in Bern. Hier fällt er mit restriktiven Vorstössen zur Migrationspolitik auf. So ermahnte er während des Arabischen Frühlings den Bundesrat, alles zu unternehmen, damit Italien auf Lampedusa die «Migrationsströme aus Afrika» in den Griff bekomme. Nach dem fortschrittlichen Entscheid des Bundesgerichts gegen automatische Ausschaffungen wollte Fluri sich zwar «liebend gerne» für das Gericht einsetzen, doch der Volkswille müsse berücksichtigt werden, selbst wenn das Völkerrecht geritzt werde.

Nun steht im Parlament die Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes an. Bereits die Vorlage von Justizministerin Simonetta Sommaruga bedeutet eine Verschärfung: Um das Bürgerrecht soll sich künftig nur bewerben können, wer bereits eine Niederlassungsbewilligung hat. Dafür ist eine Prüfung der Integration nötig, sprich eine Einbürgerung vor der Einbürgerung. Letzte Woche hat die staatspolitische Kommission des Nationalrats weitere Hürden aufgestellt. Die Mindestdauer des Aufenthalts vor der Einbürgerung soll zehn Jahre betragen statt wie von Sommaruga gefordert acht. Ausserdem sollen die Jahre zwischen dem 10. und dem 20. Altersjahr nicht mehr doppelt gezählt werden.

Und wer lieferte die Begründung? Natürlich Kurt Fluri, der gemeint hat, viele Jugendliche hätten heute eine «nicht mitteleuropäische Herkunft». Zum Glück verstehen die das politische System mindestens so gut wie ihr Kolonialherr. In einer Mitteilung zeigt sich die Vereinigung der Secondos und Secondas «bitter enttäuscht, dass die Vorschläge die Realität im Zeitalter der Globalisierung nicht abbilden». Stattdessen fordern sie die automatische Einbürgerung der zweiten und der folgenden Generationen.