Tankstellenshops: Das Rätsel um die Wurstfaust
Das Plakat zeigt eine gereckte Faust, darin eine gebratene Wurst. Der Slogan dazu lautet: «Bratwürste legalisieren». Sie haben das Plakat bis jetzt auch nicht verstanden? Sie können beruhigt sein, es ist nicht die Sommerhitze. Dieses Plakat versteht offenbar kein Schwein.
Eine repräsentative Umfrage unter meinen FreundInnen, politisch durchaus aufmerksame Menschen, brachte nur weitere Verwirrung: Alle meinten, es gehe um eine Abstimmung in einem fremden Kanton, von der sie noch nichts gehört hätten.
Auf das Plakat reagiert haben immerhin die VeganerInnen. Erwartbar, wie es sich für eine Einthemenpartei gehört, lassen sie im Netz eine abgeänderte Version kursieren: «Go vegan!» steht über der Wurst in roter Schrift gesprüht. Das ist für die vegane Sache sicher verdienstvoll, hilft aber auch nicht weiter, das Rätsel von der Wurstfaust zu lösen.
Selbst die Gewerkschaftszeitung «Work» ist irritiert. Ansonsten nie um deutliche Worte verlegen, fragt sie baff: «Was haben Lüscher und Bäumle da geraucht? Den Spannteppich?» Christian Lüscher, Wirtschaftsanwalt, und Martin Bäumle, grünliberaler Präsident, haben die Faust nämlich voller Stolz den Medien präsentiert. Sie soll dafür werben, dass Tankstellenshops neu von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens offen bleiben dürfen.
Dass die Liberalisierungsfanatiker von etwas anderem reden wollen als von den prekären Arbeitsbedingungen in den Tankstellenshops, ist noch zu verstehen: Der Streik an der Spartankstelle in Baden-Dättwil zeigte auf alarmierende Weise, welch heftiger Kampf um die Verkaufsflächen tobt. Der Detaillist schickte sogar StreikbrecherInnen.
Doch anscheinend werden die Bünzlianarchos Lüscher und Bäumle auch selten an eine Grillparty eingeladen. Nach 22 Uhr kümmern wir uns dort sicher nicht mehr um so zeitraubende Dinge wie Tankstellenshopping. Dann grillieren wir.