Kost und Logis: Katz, Maus, Mensch

Nr. 41 –

Schicksalhafte Begegnungen.

Trotz ihres Namens ist die Hausmaus ja kein Haustier im eigentlichen Sinn. Als ihr natürlicher Feind gilt die Katze. Doch in Städten, wo deren Dichte enorm hoch sein soll, kennt nicht mehr jede Katze ihre Kernkompetenz, manch eine diversifiziert ihren Aufgabenbereich. Während die ausschliessliche Wohnungskatze nur das hüpfende Wollknäuel als Mausersatz kennt, schleppen solche, die raus dürfen, zum Entsetzen ihres Menschen halb tote Singvögel heran und erwarten dafür noch Lob.

Als Alternativbeute bietet sich die Maus an. Das gilt natürlich nicht für jene Beleibten, die jeder Maus freundlich nachwinken, weil sie sie sowieso niemals erwischen würden. Aber eine dynamische, gut trainierte Katze trickst eine Maus problemlos aus. Wie zum Beispiel Kitty. Die bringt ihrer Familie regelmässig Mäuse dar, verliert dann aber das Interesse, worauf die Maus wieder wegläuft – vorausgesetzt, ihr Zustand erlaubt es.

Als kürzlich wieder eine Maus verschwand, zog anderntags diskreter Leichengeruch durchs Haus. Alles Suchen blieb erfolglos. Die Tage vergingen, der Geruch wurde strenger, schliesslich vermutete man den Leichnam im Esszimmer bei der Heizung. Die Familie kroch am Boden, leuchtete hinter Heizungsrippen, verrenkte sich den Hals mit Kosmetikspiegeln. Nichts. Kitty stand dabei und glotzte, was ihr keine Sympathien eintrug. Bis man dort, wo das Heizungsrohr im Fussboden verschwindet, ein kleines Loch entdeckte, dem der bestialische Gestank entwich.

Der Vater entfernte Fussleisten und Dielenbretter und fand alles Mögliche, nur keine tote Maus; die Mutter legte derweil Orangenscheiben auf die Heizung – ein Hausfrauentipp aus dem Internet – und versprühte Raumspray, was den Verwesungsduft um eine Lavendelnote erweiterte. Mahlzeiten nahm die Familie nur noch mit angehaltenem Atem ein. In der Hoffnung, es mumifiziere den Leichnam, stellte man die Heizung hoch. Die Familie schwitzte. Schliesslich schüttete der verzweifelte Vater Desinfektionsmittel ins Loch und verstopfte es mit Katzenstreu und Haushaltspapier. Es stank weiter. Nach zwei Wochen fürchteten die Eltern um die Gesundheit ihrer Kinder.

Entschlossen rissen sie den Boden erneut auf und gruben tiefer. Da lag die Leiche und sah gar nicht schaurig aus, bloss ein wenig eingefallen – wie eine tote Maus eben. Seither herrschen wieder Friede und frische Luft.

Es gibt geschicktere Katzen als Kitty. Einem Kollegen etwa brachte die Katze nur unverletzte Mäuse, die dann unbehelligt im Haushalt mitlebten und Katzen-Brekkies naschten, bis sie der Hausherr mit dem Schmetterlingsnetz einfing und vor die Tür setzte. Das Netz braucht der sensible Mann nämlich nicht für Schmetterlinge. Die sammelt er erst, wenn sie schon tot sind.

Karin Hoffsten hat selbst kein Haustier 
und bedankt sich deshalb ganz speziell bei Familie H.-P. aus M.