Theo Frey: Behördenschreck von Papua bis Walzenhausen

Nr. 28 –

Einst floh er vor der indonesischen Armee nach Australien und versenkte ein Flugzeug im Dschungelmorast – heute legt sich Theo Frey mit Appenzeller GemeinderätInnen an.

Nicht nur als Hobbypilot furchtlos: Theo Frey vor seinem Haus.

Er strahlt die Friedfertigkeit und Ruhe eines Bienenzüchters aus. Wenn er aber Ungerechtigkeiten wittert, dann kennt Theo Frey (60) keine Angst vor Behörden, Militärs oder autoritären Staaten.

Der Walzenhausener mit dem typisch appenzellischen Chüeli im Ohrläppchen hat am Montag im Kantonsgericht von Appenzell Ausserrhoden einen Sieg davongetragen: Der Einzelrichter hat ihn vom Vorwurf der üblen Nachrede freigesprochen. Sechs Mitglieder des siebenköpfigen halbamtlich tätigen Gemeinderats des Kurorts hatten eine Strafanzeige eingereicht, nachdem Frey ihr neues Entschädigungsreglement zu Fall gebracht hatte.

Frey hatte vor einer Abstimmung im Jahr 2012 auf der Gemeindekanzlei die Unterlagen durchgeackert und ein Flugblatt verfasst. «Hiermit schanzen sich die Gemeinderäte eine Verdoppelung des Gehalts zu und versuchen gleichzeitig, die sozialen Abgaben wie Steuern und AHV etc. zu umgehen», schrieb er. Und weiter: «So unverfroren sind nicht einmal die als Abzocker bekannten Banker am Paradeplatz vorgegangen.»

Das sass. Die Vorlage wurde im November 2012 mit siebzig Prozent Nein-Stimmen-Anteil verworfen. Dann kam die Klage des Gemeinderats, und die Staatsanwaltschaft erliess einen Strafbefehl: 1800 Franken Geldstrafe bedingt auf zwei Jahre und 300 Franken Busse. Dagegen erhob Frey Einsprache.

Steuern zu umgehen, sei nicht a priori strafbar, meint nun der zuständige Einzelrichter des Kantonsgerichts. Deshalb sei der Vorwurf, dies zu tun, auch keine üble Nachrede. Ebenso sei der Vorwurf der Abzockerei nicht generell ehrverletzend. Der Begriff sei in neuerer Zeit abgeschliffen und verwässert worden und trete nun in diversen Zusammenhängen auf.

Flucht aus dem Dschungel

Frey gehört weder einer politischen Partei an, noch bezeichnet er sich selbst als einen überaus engagierten Bürger. «Aber wenn Ungerechtigkeiten geschehen, muss ich etwas dagegen tun.» Dabei wägt er nicht ab, ob er damit Erfolg hat oder nicht. Das war schon vor Jahrzehnten so.

1988 ging die Geschichte seiner Flucht aus Indonesien mit Frau und Tochter in einer Cessna medial um die Welt. Der Ausserrhoder arbeitete damals als Buschpilot für eine Missionsgesellschaft und erfuhr vom Landraub an einem kleinen Volk in West-Neuguinea in der Provinz Irian Jaya, den die Zentralregierung vor allem wegen der Ausbeutung von Rohstoffen zu verantworten hatte. Die Einheimischen wurden militärisch bekämpft und konnten sich kaum wehren. Frey flog auf eigene Verantwortung Hilfsgüter zu den bedrängten Menschen. Weil er in Verdacht geriet, für die Freiheitsbewegung Organisasi Papua Merdeka (OPM) Waffen in den Dschungel zu fliegen, musste er jederzeit mit der Verhaftung oder Sabotage an seinem kleinen Flugzeug rechnen. Schliesslich blieb nur die Flucht übers Meer nach Australien. Die kleine Familie schaffte es nach fünfstündigem Flug und mit dem letzten Tropfen Sprit im Tank. «Der Vorwurf des Waffentransports war völlig aus der Luft gegriffen», sagt Frey heute.

Ein Jahr später kehrten Theo Frey und zwei Passagiere mit einem in Australien gemieteten Flugzeug zurück. Geplant war eine Filmdoku über die OPM. Die von der Befreiungsbewegung angelegte Piste war aber zu kurz, um davon nach der Landung wieder abheben zu können – das Flugzeug blieb im Morast stecken. Nach fünfzehn Stunden Dschungelmarsch gelangte Frey ins angrenzende Papua-Neuguinea und wurde dort wegen illegalen Grenzübertritts für drei Monate eingesperrt.

Schweizer Armee vertrieben

In den neunziger Jahren legte sich Frey mit der Schweizer Armee an. Diese führte in Walzenhausen regelmässig Schiessübungen direkt neben einem Heim für Behinderte durch. Das versetzte die BewohnerInnen in Aufregung, und die lärmigen Soldaten mussten schliesslich auf Betreiben von Frey abziehen.

Der Ausserrhoder, der abseits vom Walzenhausener Ortskern in einem 350-jährigen Bauernhaus wohnt, kennt auch Spass. Für Flugshows holt er die Republic RC-3 Seabee – ein amphibisches Ganzmetall-Kleinflugzeug – aus dem Fliegermuseum Altenrhein. Sie ist etwa gleich alt wie er selber.