Kost und Logis: «Moudi’s lecker Café»
Karin Hoffsten über einen gastlichen Ort
Als ich erstmals Zürcher Boden betrat, war Achtundsechzig lange vorbei, und die Achtziger waren noch nicht angebrochen. Ich studierte in Köln, und Bologna war nichts anderes als eine Stadt in Norditalien. Ich hatte Ferien und interessierte mich, wo immer ich hinkam, vor allem fürs Nachtleben. Das war in Köln recht lebendig, in Westberlin kräftezehrend, da ohne Polizeistunde, und in Zürich schwer zu finden.
Tagsüber war die Stadt an See und Limmat – vor allem bei schönem Wetter – ein Traum. Während in deutschen Grossstädten immer noch Trümmergrundstücke wie Zahnlücken an Brandmauern grenzten, waren die Zürcher Häuser nicht nur alle ganz, sondern auch noch hübsch anzuschauen. Doch welche Ödnis am Abend und in der Nacht! Das, was die Bevölkerung zu meinem Staunen als «es Tearoom» bezeichnete, machte abends um sieben dicht, die tote Hose regierte. Dank Recherchen und Glück fand ich das Niederdorf, von Verruchtheit umweht, und irgendwann auch jene zwei, drei Orte, wo es nach Mitternacht noch ein Bier gab.
Natürlich hat sich das seither komplett geändert, ebenso wie mein persönliches Ausgehverhalten, das mehr ans Licht strebt. Geblieben ist mir jedoch das leise Glücksgefühl, wenn sich auch nachts noch fröhliche Menschen in den Strassen tummeln. (Die häufig beklagten Folgen der 24-Stunden-Gesellschaft sind jetzt hier nicht Thema!) Inzwischen spriessen die sogenannten Szenelokale, für junges urbanes Publikum von smarten jungen Leuten geführt. Die meisten kenne ich nur von aussen, doch ich finde, sie beleben das Stadtbild.
Schon viele Jahre führen meine Wege an einer Ecke vorbei, an der ganz früher eine Metzgerei war, später eine Drogerie; dann stand das Lokal lange leer, um schliesslich zum Schauplatz wechselnder Pleiten zu werden: Ein Café, Imbiss, Take-away nach dem anderen kam und ging. Obwohl ich nie einkehrte, taten mir die jeweiligen WirtInnen leid.
Vor anderthalb Jahren hatte das Elend ein Ende: «Moudi’s lecker Café» zog ein. Mehrfach hörte ich von FreundInnen Lobgesänge, kürzlich war ich selber da. Das Essen ist libanesisch, frisch, vielseitig und lecker! Der kleine Raum ist so gemütlich und liebevoll eingerichtet, dass man sich bei Freunden im Wohnzimmer wähnt.
Doch die eigentliche Sensation sind die jungen Leute, die das Café betreiben. Selten in meinem Leben habe ich mich bei mir fremden Menschen so willkommen gefühlt! Mit viel entspanntem Charme und Humor wird das angeboten, was man wünscht. Und wenn man nicht weiss, was man will, heisst es: «Sollen wir dir einfach mal was Schönes bringen?» Und das ist dann auch schön – und lecker natürlich! Dass man im «lecker» frei von jeder Anbiederung geduzt wird, muss man mögen. Ich mags. Das ist doch einfach prima preiswertes Anti-Aging!
Karin Hoffsten findet, ein so bezaubernder Ort kann auch locker einen Deppenapostroph im Namen verkraften.