Ausserdem: Gemüse kann politisch machen

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Gärtnern, Kochen und Basteln sind Mode. Häkeln auch. Ein boomendes Business – eine ganze Reihe neuer Magazine von «Emotion Slow» bis «Flow» lebt davon. Und während die Auflagen der Schweizer Zeitungen und Zeitschriften bachab gehen, gibt es eine grosse Ausnahme: «LandLiebe». «Eine heile, warme, ängstliche, ganz und gar apolitische Haltung kommt mir da entgegen», kritisiert Julia Friedrichs den Trend im «Zeit Magazin» – zu Recht.

Es stimmt: Die Beschäftigung mit konkreten Dingen, die man mit den Händen macht, kann Weltflucht sein, Eskapismus, letztlich purer Egoismus. Muss sie aber nicht. Sie kann auch politisieren: dann, wenn sich die Leute nicht nur am selbst gezogenen Gemüse freuen, sondern, davon inspiriert, anfangen, Strukturen infrage zu stellen. Wer erfahren hat, wie aufwendig es ist, Tomaten anzubauen, wird sich eher fragen, unter welchen Bedingungen jene im Supermarkt produziert werden. Oder warum die einen hungern, während die anderen zu viel, aber krank machende Nahrung haben. Oder warum die Mittagsmahlzeiten in Bieler Kindertagesstätten aus Baselland kommen, einzeln in Plastik verpackt zum Aufwärmen.

Diese Frage hat sich eine Gruppe von BielerInnen gestellt – und beschlossen, etwas zu tun. Letzten Sommer hat sie die Initiative für eine gesunde Ernährung lanciert und am Dienstag dieser Woche mit 2500 Unterschriften eingereicht. Die Initiative verlangt, dass die Mahlzeiten für Bieler Kindertagesstätten und Altersheime täglich frisch zubereitet werden, und zwar mit Zutaten aus der Region und möglichst biologisch.

Im Initiativkomitee sitzen neben Grünen auch VertreterInnen eines Gemeinschaftsgartens und des Vertragslandwirtschaftsvereins Terrevision, in dem sich Produzentinnen und Konsumenten gemeinsam engagieren. Das zeigt: Gemüse führt nicht zwingend zum Rückzug ins idyllische Gärtchen. Sondern manchmal auch in die Politik.