Diskussion: Für ein demokratisches Europa
«Der neue Ungehorsam» war für die Schweiz ein theoretischer Meilenstein. 1993 veröffentlicht, reagierte der Soziologe Heinz Kleger damit auf zwei Jahrzehnte neuer Widerstandsformen, von der Anti-AKW-Bewegung über die neue Asylbewegung bis zur Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA), und systematisierte sie unter dem Stichwort einer «politischen Verpflichtung in einer lernfähigen Demokratie». Der etwas umständliche Untertitel zeigt sein Interesse am Verknüpfen konkreter Politikformen mit demokratietheoretischen Vorstellungen.
Heinz Kleger, 1952 in Zürich geboren, unterrichtete in den Achtzigern an den Universitäten Zürich und Konstanz, schrieb für die Theoriezeitschrift «Widerspruch» und gelegentlich für die WOZ. Seit 1993 lehrt er Politische Theorie in Potsdam. Dort initiierte er die Buchreihe «Region – Nation – Europa», in der er seither 75 Bände zu einem weiten Spektrum herausgegeben hat, von grundlegenden Überlegungen zu «Bürgerschaft und Migration» bis zu aktuellen Studien, etwa über Rechtsextremismus im Sport. Immer wieder hat Kleger selbst in Beiträgen die demokratische BürgerInnenbeteiligung veranschaulicht. 2008 startete er, am interkonfessionellen und migrationsfreundlichen Toleranzedikt von 1685 anknüpfend, das «Neue Potsdamer Toleranzedikt» als Stadtgespräch.
Heinz Kleger ist ein aufgeklärter Europäer – hartnäckig die Schwierigkeiten des Projekts im Auge, unverbrüchlich an dessen Chancen glaubend. In Zürich wird er ein Zwiegespräch mit Weggefährten und Schülern führen, darunter Gianni D’Amato, Professor an der Uni Neuenburg, Alois Müller und Paul Krummenacher.
«Demokratie, Bürgerschaft, Toleranz und Europa – Ein Abend mit Heinz Kleger» in: Zürich, Sphères, Freitag, 6. November 2015, 19 Uhr.