Im Affekt: Heuern und feuern – und kein Wort sagen
Man kennt das vom Profifussball: Verliert eine Mannschaft zu oft, ist der Schuldige schnell gefunden – der Trainer. Die Lösung: Ein neuer muss her. Der entlassene Trainer erhält eine fette Abfindung und eine Schweigeklausel.
Nun hat auch die Kultur dieses Konzept des «heuern und feuern» für sich entdeckt: Vergangene Woche kommunizierte das Konzert Theater Bern, dass es die Zusammenarbeit mit Stephanie Gräve, der Leiterin der Schauspielsparte, wegen «grundlegender inhaltlicher und strategischer Differenzen» ab sofort beende. Erst 2014 wurde Gräve einstimmig vom Stiftungsrat für vier Spielzeiten gewählt. Derselbe Stiftungsrat stellt sie nun, nach noch keiner ganzen Spielzeit, wiederum einstimmig frei. Und dies – im Unterschied zum Fussball – sogar ohne ersichtlichen Abstieg in der Tabelle.
Nach Bern geholt wurde sie vom Direktor Stephan Märki, der sie bei ihrer Wahl in den höchsten Tönen lobte. Nun wird sie auf Antrag desselben Direktors entlassen; warum genau, darüber wird geschwiegen.
Wie im Fussball gibt es wohl eine Abfindung für Frau Gräve und vielleicht auch eine Schweigepflicht. Und wie im Fussball kann der Präsident – in diesem Fall der Direktor – nun auf eigene Faust walten, bis für die nächste Saison eine neue Leitung gefunden ist. Auch Christian Constantin, Präsident des FC Sion, bekannt für seine zahllosen Trainerentlassungen, hat interimistisch immer mal wieder als Trainer gewirkt. Ist ja auch praktisch, wenn der Trainer ohne Widerspruch das macht, was der Präsident möchte.
Im Unterschied zu jedem Fussballklub finanziert sich aber das Konzert Theater Bern zu einem grossen Teil aus öffentlichen Geldern – und deshalb wäre es zwingend, dass es die Öffentlichkeit genauer über die Gründe der willkürlichen Freistellung informiert.
Der aktuelle Trainer des FC Sion ist Didier Tholot – und zwar bereits zum dritten Mal.