Was weiter geschah: Aus dem Gefängnis ins Regierungsamt?
Nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis hat sich Arnaldo Otegi, Vorsitzender der baskischen Unabhängigkeitspartei Sortu, sofort in den Wahlkampf gestürzt. Bei seinem ersten Auftritt im Hallenstadion von San Sebastián strömten am Wochenende 20 000 Menschen zusammen – und in den Zeitungen wird bereits darüber spekuliert, ob Otegi im Herbst wohl zum Ministerpräsidenten der baskischen Autonomiegemeinschaft gewählt wird.
Otegi war 2009 verhaftet und wegen angeblicher Eta-Mitgliedschaft zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden, obwohl es massgeblich sein Verdienst war, dass die Eta 2011 den bewaffneten Kampf beendete: Seit den neunziger Jahren war er immer wieder an den Friedensgesprächen zwischen der Unabhängigkeitsbewegung und der Regierung in Madrid beteiligt gewesen. Und nach dem Scheitern der letzten, auch in der Schweiz geführten Gespräche von 2005 bis 2007 hatte Otegi einen einseitigen Gewaltverzicht der Eta durchgesetzt.
Für die baskische Linke kommt der neue Enthusiasmus gerade rechtzeitig. Die spanische Justiz hat neue politische Massenprozesse eröffnet, bei ihrer Arbeit in den Stadtverwaltungen hat sich die Unabhängigkeitsbewegung aufgerieben – und über den Umgang mit der Blockadepolitik Madrids gegenüber den 400 baskischen Gefangenen, denen selbst gesetzlich vorgesehene Hafterleichterungen verweigert werden, tobt ein interner Streit. Zudem macht der Bewegung die neue Konkurrenz von Podemos zu schaffen.
Dass Otegi trotzdem als möglicher Ministerpräsident gehandelt wird, liegt nicht zuletzt am Erstarken von Podemos: Bei den Wahlen im Dezember hatten die beiden Linksparteien im Baskenland zusammen 41 Prozent bekommen. Podemos-Chef Pablo Iglesias selbst brachte Otegi vergangene Woche als baskischen Regierungschef ins Gespräch – «falls die Wähler das im Herbst wünschen».
Nachtrag zum Artikel «Baskenland: ‹Was ist das für eine Demokratie?›» in WOZ Nr. 15/2014 .