Was weiter geschah: Italien erwartet Antworten
Neun Tage nachdem er spurlos verschwunden war, wurde der 28-jährige italienische Wissenschaftler und Journalist Giulio Regeni am 3. Februar bei Kairo tot am Strassenrand aufgefunden. Sein Körper wies schwere Verletzungen auf. Mit wachsender Ungeduld drängt die italienische Regierung seither auf Aufklärung des Falls, während die ägyptischen Behörden weiterhin mit abstrusen Erklärungen aufwarten.
Dabei ist gemäss neuen Berichten eine Beteiligung des Regimes von Abdel Fattah al-Sisi wahrscheinlich – mutmasslich wegen Regenis Kontakten zu unabhängigen ägyptischen Gewerkschaften. So ergaben Autopsien in Ägypten wie in Italien, dass Regeni vor seinem Tod bis zu sieben Tage lang systematisch gefoltert worden war. Zudem liegt der italienischen Polizei eine Aussage vor, wonach Regeni am Tag seines Verschwindens von Sicherheitsleuten angehalten worden sei.
Solchen Darstellungen widersprach das ägyptische Regime bisher vehement. Ende März verkündete es, die Mörder seien identifiziert: eine kriminelle Bande, deren vier Mitglieder am 24. März von Sicherheitskräften getötet worden waren. Der Reisepass und andere Gegenstände Regenis seien bei ihnen gefunden worden.
Mehrere italienische Regierungsmitglieder verkündeten umgehend, dass sie diese Geschichte nicht glaubten. Einen Tag später widerrief das ägyptische Regime seine Behauptung.
Am Dienstag dieser Woche sollte schliesslich eine Delegation aus Kairo in Rom eintreffen, um den Stand der Ermittlungen darzulegen. Kurzfristig und ohne Begründung verschob die ägyptische Regierung den Besuch. Sollten die ägyptischen Behörden bei der Aufarbeitung des Falls weiterhin nicht kooperieren, könnte Italien die beliebte Tourismusdestination als «unsicheres Land» einstufen.
Nachtrag zum Artikel «Tod eines ‹untypischen› Journalisten» in WOZ Nr. 7/2016 .