Islamophobie: Freysingers Aufruf zum Ungehorsam
Oskar Freysinger, Walliser SVP-Staatsrat, spielt gerne über die Landesgrenzen. Vor kurzem hat er «als vom Volk gewählter Minister» den französischen Präsidenten François Hollande wegen konsularisch zugestellter Wahlwerbung der Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Schweiz beschuldigt. Nun ruft der Staatsrat zum Ungehorsam gegen die französische Justiz auf. Er erklärte dem kürzlich in Paris verurteilten Schweizer Alain Jean-Mairet, an seiner Stelle würde er das «total unbegründete und problematische Urteil ignorieren» (das Urteil ist nicht rechtskräftig).
Jean-Mairet, in Luzern wohnhafter Übersetzer, war als Präsident der ansonsten inaktiven Sektion Riposte laïque Suisse für den Internetauftritt der französischen Organisation verantwortlich. Die Medienkammer des Pariser Strafgerichts verurteilte ihn nun wegen Aufstachelung zum Rassenhass zu einer Busse von 5000 Euro, begangen durch Veröffentlichung eines Textes, der eine «systematische Stigmatisierung» der MuslimInnen betreibe. Das Gericht befand, dass der Text auch in Frankreich einsehbar gewesen und der Sitz der Website in die Schweiz verlegt worden sei, um der Strafverfolgung in Frankreich zu entgehen.
In einem Interview mit Riposte-laïque-Gründer Pierre Cassen sieht sich Freysinger durch das Urteil an die «Inquisition» erinnert. Auch Jean-Luc Addor, Freysingers Nachfolger im Nationalrat, spricht in einem Interview von «juristischem Imperialismus», auf dem Spiel stehe die «europäische Zivilisation». Beide sind in den letzten Jahren in Paris bei Veranstaltungen von Riposte laïque aufgetreten. Beide liessen sich dort als erfolgreiche Propagandisten des Minarettverbots feiern.