Im Affekt: Energy of Azerbaijan

Nr. 24 –

Es gibt noch immer linke SpielverderberInnen, die einen ermahnen, keinesfalls die Fussball-EM zu schauen. Auch wenn sie meist die Offsideregel nicht erklären, geschweige denn die Schönheit eines raumöffnenden Passes erkennen können, haben sie völlig recht, dass die Euro ein durchkapitalisierter Event ist und auch der Partynationalismus ein Nationalismus bleibt.

Bloss leuchtet die Aufforderung, wegzuschauen, nicht ein: Wer die Propaganda verstehen will, muss sie sich zuerst ansehen. Und was in autoritären Staaten die Militärparaden mit ihren Fahnen, sind bei uns in den sogenannt freien Märkten nun einmal die Sportanlässe mit ihren Sponsoren: Sie demonstrieren den aktuellen Stand der Herrschaft. Die Euro 2016 bringt diesbezüglich interessante Neuigkeiten. In der Bandenwerbung der ersten EM-Spiele sticht neben den bekannten Slogans für das wässrige Bier von Carlsberg («Probably the best beer in the world») oder die papierenen Burger von McDonald’s («I’m loving it») ein neuer sofort ins Auge: «Socar – Energy of Azerbaijan!»

Das Logo der staatlichen Erdöl- und Gasgesellschaft zeigt eine Flamme. Schnell hat man recherchiert: Das Logo zu Hause in Aserbaidschan zeigt aber einen Förderturm. In einer Umfrage haben die SchweizerInnen den Förderturm mit einem Strommast verwechselt. Die SchweizerInnen? Genau, mit keinem anderen Land, das eine Mannschaft an die EM schickt, verbindet Socar derart viel. 2012 konnte Socar Energy Switzerland hier die rund 170 Tankstellen von Esso übernehmen. Der etwas weniger sichtbare Teil ist die Socar Trading in Genf, über die der Rohstoffexport der Firma läuft. Warum wurde Aserbaidschan nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion geografisch wichtig? Weshalb gehört Socar zu den drei intransparentesten Firmen der Ölbranche? Von welchen Steuerprivilegien profitiert die Handelsfirma in Genf? Warum baut die Axpo zusammen mit Socar eine Gaspipeline von der Türkei nach Italien? Und was hat das alles mit den Menschenrechtsverletzungen in Aserbaidschan zu tun? Recherchieren Sie, mindestens in den Halbzeitpausen!

Wie Didier Burkhalter während eines Konzerts von Lady Gaga in Baku einen Menschenrechtsaktivisten ausfliegen liess, steht in WOZ Nr. 25/2015 .