Migration: Hetze gegen Sea-Watch und Co.

Nr. 27 –

Anlässlich eines Arbeitsessens am Sonntag in Paris haben die Innenminister Italiens, Frankreichs und Deutschlands sowie der EU-Flüchtlingskommissar ein Massnahmenpaket zur Eindämmung der Migration nach Italien beschlossen. Zuoberst auf dem betreffenden Pressecommuniqué wird die «Ausarbeitung eines Verhaltenskodex für NGOs, die auf dem Mittelmeer im Einsatz sind», angekündigt.

Frank Dörner, Vorstand der NGO Sea-Watch, lehnt die Pläne aus Paris entschieden ab: Es gebe bereits einen Kodex, schreibt er auf der Website von Sea-Watch, nämlich das internationale Seerecht. In Gegensatz zur libyschen Küstenwache hielten die NGOs dieses auch ein. Anstatt weiter gegen private Rettungsinitiativen Stimmung zu machen, so Dörner weiter, täte die EU gut daran, ihre Finanzierung der libyschen Küstenwache an die Bedingung zu knüpfen, dass diese sich an das internationale Seerecht und die Genfer Flüchtlingskonvention halte.

In der Tat scheinen PolitikerInnen und Medien seit Monaten fast schon eine Kampagne gegen die SeenotretterInnen im Mittelmeer zu führen. So kritisierte Frontex-Direktor Fabrice Leggeri im Februar die Rettungsteams von Sea-Watch oder Ärzte ohne Grenzen: Ihre Einsätze würden Schleuser dazu ermutigen, noch mehr MigrantInnen auf seeuntüchtige Boote zu zwängen. Die Rettungsteams gehörten inzwischen quasi zum Geschäftsmodell der Schlepper. Im April wurde die Kriminalisierung der NGOs dann gewissermassen offiziell, indem der italienische Staatsanwalt Carmelo Zuccaro den Rettungsteams Kollaboration mit Schleppern vorwarf. Beweise legte er bislang keine vor.

Dörners Konter, die EU lenke mit den Schuldzuweisungen bloss von ihrem politischen Versagen ab, fällt eigentlich milde aus: Dieses Jahr sind bereits über 2000 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Den NGOs vorzuwerfen, sie machten es den MigrantInnen zu einfach, ist an Zynismus kaum zu überbieten.