Was weiter geschah: Fässlers Brief nach Chicago
Im vergangenen Juli sorgte eine Recherche des «Magazins» für Aufsehen. Darin enthüllte der Historiker Michael Zeuske, dass die Familie des Zürcher «Wirtschaftsheiligen» Alfred Escher (1819–1882) eine Sklavenplantage auf Kuba besessen hatte. Wodurch der Credit Suisse als Nachfolgerin der von Escher gegründeten Schweizerischen Kreditanstalt Konsequenzen drohen könnten: Seit einigen Jahren stornieren verschiedene US-Grossstädte ihre Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen, die ihre Beziehungen zur Sklavenwirtschaft nicht offenlegen. Als erste Stadt erliess Chicago 2002 eine solche «Slavery Era Disclosure Ordinance».
Nachdem 2006 die «Chicago Sun-Times» über den Sklavenbesitz in Rio de Janeiro von Laurenz Gsell (1815–1896) berichtet hatte, liess die UBS die Geschichte des St. Galler Kaufmanns, der eine Vorläuferbank der UBS gegründet hatte, aufarbeiten. Nun hat Chicago Gelegenheit, sich mit einem weiteren Fall zu befassen: Auslöser dazu ist ein Brief des St. Galler Historikers Hans Fässler an die Stadt. Darin kommt Fässler auf den Trogener Johann Ulrich Zellweger (1804–1871) zu sprechen, der ebenfalls eine Vorläuferin der UBS gegründet hatte und in den 1840er Jahren von der Zuckersklaverei und dem Sklavenhandel auf Kuba profitierte. Fässlers Aufforderung an die Stadt: zu überprüfen, ob die UBS in ihrer eidesstattlichen Erklärung von 2006 diesen Fall von Sklavereibeziehung verschwiegen habe.
Je nach Antwort, so Fässler, werde er sich an weitere US-Städte wenden, die Gesetze zur Offenlegung der Sklavereivergangenheit von Firmen haben. Geplant ist zudem eine Interpellation der St. Galler SP-Nationalrätin Claudia Friedl zu den «systemischen Risiken durch Schweizer Banken», die ihre Sklavereivergangenheit nicht offenlegen.
Nachtrag zum Artikel «Sklaverei. Die kubanische Plantage der Familie Escher» in WOZ Nr. 28/2017 .