#Digi: Beschwerden gegen Staatstrojaner

Nr. 35 –

In Deutschland kam jüngst Bewegung in die Debatte um Staatstrojaner. Sowohl der Datenschutzverein Digitalcourage wie auch die deutsche FDP haben eine Verfassungsbeschwerde eingelegt gegen den letztes Jahr geregelten staatlichen Einsatz von Überwachungssoftware.

Dabei scheint der Staatstrojaner auf den ersten Blick eine gute Sache zu sein. Die Spähsoftware erlaubt es den Strafverfolgungsbehörden, die Computersysteme verdächtiger NutzerInnen zu hacken, um die dort abgelegten Daten zu durchforsten und die Kommunikation zu überwachen. Doch die Auswirkungen eines Staatstrojanereinsatzes sind durchaus fragwürdig, wie Digitalcourage und FDP betonen. Die Software kapert gleich das ganze Gerät. Das heisst, «berufliche und private Kontaktdaten, Urlaubsfotos, SMS verflossener und aktueller Lieben – all das kann die Polizei lesen», schreibt Digitalcourage. Die Software erlaube es gar, Dateien nicht bloss anzuschauen, sondern diese auch zu ändern oder zu löschen. Der Eingriff in die «digitale Intimsphäre» der Betroffenen sei deshalb «unverhältnismässig».

Ein ebenso grundsätzliches Problem ist, dass die ErmittlerInnen auf Sicherheitslücken angewiesen sind, um ihre Trojaner auf den Geräten zu installieren. Der Staat hat also absurderweise ein Interesse daran, dass Sicherheitslücken bestehen bleiben – und sitzt damit im selben Boot wie Cyberkriminelle oder fremde Geheimdienste.

In Deutschland muss nun das Verfassungsgericht in Karlsruhe darüber entscheiden, ob der Einsatz von Staatstrojanern erlaubt bleibt.

Und in der Schweiz? Hier gibt es weder eine politische Debatte zum Thema noch ein Verfassungsgericht. Dafür zwei neue Gesetze, die mittlerweile beide in Kraft sind, die den Einsatz von Staatstrojanern erlauben: das Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) für die Strafverfolgungsbehörden und das neue Nachrichtendienstgesetz (NDG). Über die genaue Zahl der bisherigen Einsätze von Staatstrojanern können oder wollen die zuständigen Behörden keine Auskunft geben.