Verteidigerrecht: Man muss die Richter loben

Nr. 50 –

Andres Zaugg ist enttäuscht. Sein Prozess war vorbei, bevor er richtig begonnen hat. Zaugg hatte vorgängig mit einem Inserat in der WOZ «alle Interessierten» zum Prozess vor dem Solothurner Obergericht eingeladen. Seine Geschichte erzählte er schon vor einem Jahr (siehe WOZ Nr. 13/2017 ): Er hatte 2011 die Kathedrale in Solothurn angezündet, um damit auf die Missstände in der Welt aufmerksam zu machen. Das Gericht hielt ihm damals zugute, dass er darauf achtete, niemanden zu gefährden. Es verurteilte ihn zu vierzehn Monaten Gefängnis – und zu einer sogenannten kleinen Verwahrung. Fünf Jahre behielten sie ihn drin. Dann ordnete das Obergericht Solothurn im Sommer 2016 seine Freilassung an. Doch die Staatsanwaltschaft akzeptierte das nicht. Zaugg blieb inhaftiert. Der Fall ging ans Bundesgericht. Es entschied, Zaugg sei spätestens am 10. Oktober 2016 freizulassen. Doch Zaugg blieb drin. Er harrte ruhig aus. Was sollte er anderes tun? Er konnte ja an kein Gericht mehr gelangen. Alle hatten ihm schon recht gegeben.

Am 19. Oktober gab er schliesslich ein «Rauchzeichen», wie er es nennt, und entfachte in seiner Zelle ein Feuer. Einige Tage später kam er frei. Durch das Feuer entstand im Gefängnis ein Sachschaden von 10 000 Franken. Darum sollte es nun vor Obergericht gehen. Das Bezirksgericht Gösgen-Obergösgen hatte bereits entschieden, Zaugg müsse für den Schaden aufkommen. Zaugg war nicht einverstanden. Weil er sich mit seinem Anwalt überworfen hatte, rekurrierte er danach alleine. Erfolglos.

Inzwischen hat er wieder einen Anwalt. Zaugg wollte am Dienstag endlich ein Urteil bekommen. Es lief überraschend anders: Die drei Oberrichter wiesen den Fall an die untere Instanz zurück. Die Begründung: Gericht wie Staatsanwalt hätten versäumt, dafür zu sorgen, dass Zaugg von einem Anwalt korrekt verteidigt werde.

Zaugg mag den Entscheid als Verzögerungstaktik empfinden. Aber man muss die Oberrichter loben. Das Gesetz verlangt eine gute Verteidigung – ohne ginge der Rechtsstaat ein. Im Kern ist der Entscheid vor allem eine verkappte scharfe Kritik an Staatsanwaltschaft und Bezirksgericht.