Steuergerechtigkeit: Mit 99 Prozent in die Offensive
Die Juso reichte diese Woche ihre 99-Prozent-Initiative ein, über 134 000 Unterschriften hatte die Partei dafür gesammelt. Sie fordert darin, dass Kapitaleinkommen aus Dividenden, Mieteinnahmen und Zinsen eineinhalbmal so hoch wie Arbeitseinkommen besteuert werden. Derzeit ist es umgekehrt: Die heutige Dividendenbesteuerung erlaubt Vermögenden, dass sie nur bis zu sechzig Prozent ihres Kapitaleinkommens versteuern müssen, während die arbeitende Mehrheit auf ihren gesamten Lohn Steuern bezahlt. Wird die Initiative angenommen, würden die Mehreinnahmen – so sieht es der Initiativtext vor – an Personen mit kleinem oder mittlerem Einkommen und in soziale Leistungen wie Prämienverbilligungen oder Kinderbetreuung zurückfliessen. Damit KleinsparerInnen nicht betroffen wären, soll die Steuererhöhung erst ab einem Freibetrag von beispielsweise 100 000 Franken gelten.
Der Begriff «Rückverteilung» schien keinen Nerv der Zeit zu treffen, als die Juso ihre 99-Prozent-Initiative lancierte. Die WOZ schrieb noch im April 2018, ein halbes Jahr nach Kampagnenstart fehle das mediale Interesse weitgehend. Der Wind hat gedreht: Der Ruf nach Rückverteilung von oben nach unten und harsche Kritik an Steuersystemen, die grosse Kapitaleinkommen von wenigen Wohlhabenden privilegieren, während die Einkommensschere aufklafft, sind lauter geworden – nicht zuletzt wegen der Proteste der Gilet jaunes in Frankreich oder des Green New Deal, des ökosozialen Programms der US-Kongressabgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez.
Juso-Präsidentin Tamara Funiciello sagt, die Bürgerlichen gerieten zunehmend in Erklärungsnot, wenn man sie damit konfrontiere, dass 300 Personen in der Schweiz immer reicher würden, während etwa die AHV in Schieflage gerate. «Mit der Initiative gehen wir in die Offensive – das ist dringend nötig in diesem Land», so Funiciello.
Nachtrag zum Artikel «Vor der Juso liegt noch viel Arbeit» in WOZ Nr. 17/2018 .