#digi: Lobbying für alle

Nr. 22 –

Am nächsten Dienstag berät der Ständerat das «Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste». Der Bundesrat möchte, dass der sogenannte elektronische Pass (e-ID) nicht vom Staat, sondern von Firmen wie der SBB, Swisscom oder grossen Banken und Versicherungen abgegeben wird (siehe WOZ Nr. 11/19 ). Die Chance ist gross, dass der Ständerat, wie zuvor schon der Nationalrat, die Vorlage durchwinkt.

Dagegen formiert sich Widerstand. Am Montag wurde eine sogenannte Crowdlobbying-Website gegen die e-ID aufgeschaltet (e-id.crowdlobbying.ch). Auf der Website sind sämtliche StänderätInnen aufgeführt. Zwei sind mit einem grünen Häkchen versehen: Anita Fetz und Paul Rechsteiner, beide SP. Es sind die einzigen Mitglieder der kleinen Kammer, die bereits bekannten, dass sie die Vorlage bekämpfen werden. Alle anderen sind dafür oder haben noch nicht Position bezogen. Über die Website können nun GesetzesgegnerInnen den einzelnen PolitikerInnen eine Nachricht zukommen lassen. Etwa: «Die Ausstellung der digitalen Identität muss eine Staatsaufgabe bleiben.» Auf der Website wird dann aufgeführt, wer wie viele Nachrichten erhalten hat. In den ersten Tagen haben sich bereits Tausende beteiligt. Allerdings würden die StänderätInnen nicht mit Mails zugemüllt, sagt Daniel Graf, der die Website initiiert hat. Die Statements der Lobbyseite würden zusammengefasst und den StänderätInnen persönlich als Dossier überreicht.

Graf ist auch der Gründer der Unterschriftensammelplattform We Collect. «In der Schweiz wurde noch nie so Crowdlobbying gemacht», sagt er. «Wir möchten den Leuten damit die Möglichkeit geben, sich früh in die Debatten einzubringen.» Wenn man erst auf die Bevölkerung zugehe, wenn für ein Referendum Unterschriften gesammelt würden, sei es oft schon zu spät: «Mit dem Crowdlobbying sollten Referenden erst gar nicht nötig werden.»

Im Fall der e-ID könnte sich ein Referendum gewinnen lassen. Anfang der Woche publizierte die Stiftung für Konsumentenschutz zusammen mit der Digitalen Gesellschaft und dem von Graf gegründeten Verein «PublicBeta» eine repräsentative Umfrage: Fast neunzig Prozent der Befragten sagten, sie würden es bevorzugen, wenn der Staat die e-ID herausgäbe. Die Jüngeren forderten am klarsten eine staatliche Lösung.