Bankenpleite: Pirmin Bischof hat gezahlt – und zwar 112 500 Franken

Nr. 40 –

Der CVP-Ständerat Pirmin Bischof behauptete jahrelang, er habe als ehemaliger Bankrat keine Vergleichszahlung für den Pleitegang der Solothurner Kantonalbank leisten müssen. WOZ-Recherchen zeigen jetzt: Das Gegenteil trifft zu.

Pirmin Bischof Foto: stahlphoto.ch

Gerade steht er mitten in seinem vierten nationalen Wahlkampf. Und kaum jemand zweifelt an seiner Wiederwahl. Pirmin Bischof, der Solothurner CVP-Politiker, ist ein Schwergewicht im Ständerat. Das ist eigentlich erstaunlich, denn seine Karriere startete der Rechtsanwalt mit einer Pleite.

Mitte der neunziger Jahre stand Bischof als junger Bankrat in der Mitverantwortung, als die Solothurner Kantonalbank Konkurs ging. Den Schaden in der Höhe von 369 Millionen Franken trug der Kanton. 2003 war Bischof Teil eines Vergleichs des Kantons mit den Bankenchefs, bei dem diese eine Zahlung von insgesamt 2,5 Millionen Franken leisteten und so ein Gerichtsverfahren umgingen.

Hat er – oder hat er nicht?

Die Bankenpleite liegt lange zurück, und die WählerInnen haben Bischof offensichtlich verziehen. Seine damalige Mitverantwortung ist heute nicht mehr von grosser Bedeutung. Damalige Fehler sind quasi verjährt. Relevant für die Beurteilung des Politikers Bischof ist hingegen sein Umgang mit der Affäre. Und da stellt sich die Frage, ob der Politiker Bischof in seinen Wahlkämpfen jeweils offen und ehrlich über seine Rolle in der Bankenpleite informierte. Denn eine wichtige Sache lässt Bischof bis heute im Dunkeln: Hat er sich finanziell am Vergleich mit dem Kanton beteiligt – oder nicht?

Öffentlich hat Bischof in vergangenen Jahren immer wieder dementiert, dass er gezahlt habe. Und somit suggeriert, sein Verschulden sei vernachlässigbar. In einem Porträt im Jahr 2010 schrieb die WOZ unter anderem, dass sich Bischof finanziell nicht am Vergleich beteiligt habe, und zitierte den CVP-Politiker: «Ich hätte mir das nicht leisten können.» Auch in der «Weltwoche» zwei Jahre später dementierte Bischof eine Zahlung: «Ich hätte mir das nicht leisten können», liess er sich zitieren.

Neue Recherchen der WOZ zeigen nun aber, dass Bischof sehr wohl auch finanziell am Vergleich beteiligt war. Bischof hat gezahlt, und zwar genau 112 500 Franken. Das geht aus einer von den involvierten Bankräten unterschriebenen vertraulichen Zusatzvereinbarung vom 24. November 2003 hervor, die die WOZ einsehen konnte. Die grössten Beträge hatten ehemalige Bankdirektoren und der Bankratspräsident zu zahlen. Die einfachen Bankräte, darunter auch Bischof, mussten je 112 500 Franken beisteuern.

Dem Vergleich mit dem Kanton Solothurn gingen im Herbst 2003 mehrwöchige Verhandlungen zwischen dem vom Kanton beauftragten Anwaltsbüro Wenger Plattner und den Bankräten voraus. Wenger Plattner hatte den Bankenchefs in einem Brief vom 28. Oktober 2003 angedroht, noch vor Jahresende im Auftrag des Kantonsrats eine Schadenersatzforderung von vierzehn Millionen Franken gegen die fünf Bankräte und zwei ehemalige Direktoren gerichtlich einzureichen. Als Alternative bot man den Bankenchefs aber einen Vergleich an.

Auf dem Sofa im Bundeshaus

Aufseiten der Bankräte fungierte Bischof in der Folge als Verbindungsmann. Ihm und seinen Kollegen gelang es, die vom Kanton geforderte Vergleichssumme noch um eine Million zu drücken. Gemäss einem Entwurf des Antwortbriefs der Bankräte vom 23. November, der der WOZ vorliegt, betonten Bischof & Co., dass unter anderem keine zivilrechtliche Verantwortung vorliege. Weiter heisst es im Briefentwurf: «Die hier unterbreitete Vergleichsofferte ist für die Unterzeichnenden und ihre Familien ausserordentlich schmerzlich, zumal die Unterzeichnenden in ihrem Vermögen nicht einmal vollständig über die angebotenen Mittel verfügen.» Man müsse die Summe zu einem «erheblichen Teil» fremdfinanzieren, was durch Hilfe von Drittpersonen gelungen sei.

Unter jenen Bankräten, die ihren Beitrag fremdfinanzierten, dürfte auch Bischof gewesen sein. Eine Quelle, die direkt in den Vergleich involviert war, aber nicht namentlich erwähnt werden möchte, geht zumindest davon aus. Bischof habe schon damals gesagt, er könne sich das nicht leisten. Das heisst aber nicht, dass die Kollegen ihn finanziell vom Vergleich ausnahmen. Vielmehr musste Bischof das zu zahlende Geld selbst auftreiben. Laut der Auskunftsperson wurde der geschuldete Betrag von Bischof eingezahlt. Wie er ihn finanziert habe, sei hingegen offen. «Aber Bischof hatte – wie alle anderen – seinen Anteil zu leisten», sagt die Quelle.

Die WOZ konfrontiert Bischof Anfang der Herbstsession im Bundeshaus mit den Recherchen. Der Ständerat setzt sich zuhinterst im Gang vor dem Ständeratssaal auf ein Sofa. Gibt zu verstehen, dass er viel beschäftigt sei und jetzt nur wegen eines verschobenen Telefongesprächs überhaupt kurz Zeit habe. Er zeigt sich interessiert und lächelt freundlich. Angesprochen auf den Vergleich der Bankräte mit dem Kanton Solothurn, verfinstert sich jedoch seine Miene. Er wolle eigentlich nicht über alte Sachen sprechen, sagt Bischof. Auf die Frage, warum er immer öffentlich suggeriert habe, er habe bei dem Vergleich nichts bezahlt, obwohl in der Zusatzvereinbarung zwischen den Bankräten der Beitrag Bischofs auf 112 500 Franken festgesetzt ist, schweigt der Ständerat zuerst. Auf die wiederholte Frage sagt Bischof: «Ich will dazu keine Stellung nehmen.» Dann fügt er noch an, dass aber einige der von der WOZ aufgeführten Fakten nicht stimmen würden. Auf die Aufforderung, diese Fakten nun an Ort und Stelle zu klären, winkt Bischof ab. Er wiederholt nur noch: «Ich will nicht Stellung nehmen.» Dann steht er auf und verabschiedet sich.

Wiederwahl trotzdem wahrscheinlich

Schweigen und verwedeln, statt Fragen zu beantworten und Klarheit zu schaffen: Das ist eine Taktik, die Bischof schon früher verfolgte. Die «Basler Zeitung» berichtete im Jahr 2010, eine glaubwürdige Quelle habe bestätigt, dass Bischof 100 000 Franken gezahlt habe. Eine Aussage, die sehr nahe an den Betrag von 112 500 Franken kommt, der in der von der WOZ eingesehenen Zusatzvereinbarung steht. Schon damals schaffte Bischof keine Klarheit, sondern sagte nur: Diese Quelle sei schlecht informiert.

Wer so oft von JournalistInnen mit der Frage konfrontiert wurde, ob und wie er sich finanziell am Vergleich beteiligt habe, und dann so oft verwedelt und das Gegenteil der Wahrheit suggeriert, hat Mühe mit der politischen Redlichkeit. Doch in der Schweizer Politik ist Redlichkeit nicht das einzige Kriterium für eine erfolgreiche Wahl in ein Parlament. Je nach Parteifarbe können Klientelpolitik und das Sammeln von attraktiven Mandaten entscheidender sein. Pirmin Bischof jedenfalls steht vor einer relativ ungefährdeten Wiederwahl in den Ständerat.

Nachtrag vom 10. Oktober 2019 : Die Windungen des Pirmin Bischof

Der Solothurner Ständerat Pirmin Bischof (CVP) leistete als ehemaliger Bankrat der pleitegegangenen Solothurner Kantonalbank eine Vergleichszahlung von 112 500 Franken. Bischof bestritt das immer wieder. 2010 sagte er zur WOZ: «Ich hätte mir das nicht leisten können.» Auch gegenüber der «Weltwoche» und anderen Medien liess er sich in jenem Zeitraum so zitieren.

In ihrer letzten Ausgabe belegte die WOZ, der eine vertrauliche Zusatzvereinbarung aus dem Jahr 2003 vorliegt, dass Bischof bezahlen musste. CH Media reagierte in ihrem Mantelteil auf die WOZ-Recherche. Der Autor des Artikels aus der Redaktion der «Solothurner Zeitung» schrieb von einem «Vorwurf» der WOZ. Sie habe «kolportiert, dass Bischof ‹jahrelang behauptet› habe, dass er ‹keine Vergleichszahlung für den Pleitegang› habe entrichten müssen». Der Autor von CH Media stützte sich dabei aber lediglich auf die Berichterstattung der «Solothurner Zeitung» aus der Zeit des Vergleichs und liess spätere Medienberichte ausser Acht, in denen sich Bischof von einer Zahlung distanzierte.

Im Artikel sagte Bischof, er habe den Eindruck gehabt, Joël Widmer, unser Autor, sei nicht an einer objektiven Berichterstattung interessiert gewesen. Ein schwerwiegender Vorwurf, der nicht zutrifft. Der Autor von CH Media räumte Widmer dennoch keine Gelegenheit zur Stellungnahme ein.

Unser Autor war im Gegenteil fair und professionell. Er gab Bischof in einem persönlichen Gespräch mehrfach Gelegenheit, der WOZ zu erklären, warum er damals, 2010, mehreren Journalisten suggeriert hatte, er habe sich nicht finanziell am Vergleich beteiligt. Bischof seinerseits weigerte sich, diese berechtigten Fragen zu beantworten und aus seiner Sicht Klarheit zu schaffen. Unser Autor sandte Bischof zudem die ganze Passage über das persönliche Gespräch mehrere Tage vor der Publikation zu und gab ihm die Möglichkeit, Unklarheiten oder allfällige Fehler auszuräumen. Pirmin Bischof hat diese Möglichkeit ausgeschlagen, was die WOZ schriftlich belegen kann.

Andreas Fagetti