Was weiter geschah: «Mad Heidi»: Gericht ohrfeigt Kantonspolizei

Nr. 12 –

Das Urteil des Zürcher Verwaltungsgerichts liest sich wie eine Einführungsvorlesung zu Grundrechten – was umso erstaunlicher ist, wenn man die Adressatin kennt: die Zürcher Kantonspolizei. Diese habe «wider besseren Wissens» Vorwürfe gegenüber einem ihrer Angestellten erhoben und «in krasser Weise grundrechtswidrig» gehandelt. Gegenüber einer staatlichen Instanz geäussert, klingen solche Sätze wie Ohrfeigen. Was war geschehen?

Es begann mit einem einfachen Filmtrailer. «Mad Heidi» heisst die überdrehte Dystopie über eine faschistisch regierte Schweiz mit Heidi als blutrünstiger Widerstandskämpferin. Doch der selbsterklärte «erste Swissploitation-Film», an dem auch der finnische Produzent Tero Kaukomaa («Iron Sky») beteiligt ist, existiert bisher erst als Crowdfundingprojekt. Als Drehbuchautor am Film beteiligt ist auch der Sektorchef Personenkontrolle der Kantonspolizei am Flughafen Zürich. Als der Trailer veröffentlicht wurde, erklärte die Kapo ihrem Mann, dass er sich per sofort von diesem «gewaltverherrlichenden» Machwerk distanzieren müsse. Dieser suchte das Gespräch, bot an, seine Arbeit an dem Projekt unter einem Pseudonym fortzuführen – vergeblich: Ende März 2019 wurde ihm fristlos gekündigt. Gegen die Entlassung wehrte er sich vor Verwaltungsgericht, das nun ein Urteil gefällt hat. Das Resultat: Es gibt dem Kapo-Angestellten auf ganzer Linie recht und hebt seine Kündigung auf.

Für Vanessa Rüegger, Lehrbeauftragte an der Juristischen Fakultät der Uni Basel und Expertin für Fragen der Kunstfreiheit, zeigt das Urteil, wie wenig die Behörden für den grundrechtlichen Schutz der Kunst sensibilisiert seien. Insbesondere habe es sich gerächt, dass die Polizei keinen externen Sachverständigen hinzugezogen habe, sagt Rüegger. «Blosse subjektive Empörung reicht eben nicht aus, um so einen Eingriff zu rechtfertigen, sondern es braucht eine fachgerechte Kontextualisierung des Kunstwerks.»

Wie die Sache für den Drehbuchautor von «Mad Heidi» letztlich ausgeht, ist offen. Die von Mario Fehr geleitete Sicherheitsdirektion hat noch bis April Zeit, das Urteil weiterzuziehen – auf die Gefahr hin natürlich, sich weitere Ohrfeigen einzufangen.

Nachtrag zum Artikel «Gefeuert wegen blutgeilem Heidi» in WOZ Nr. 17/2019 .