Im Affekt: Raus, aber richtig!

Nr. 18 –

«Bleiben Sie zu Hause». Im ganzen Land hängen Plakate mit gezeichneten Häuschen und erinnern uns an den grössten Schweizer Traum: ein Einfamilienhaus mit Umschwung. Tatsache ist jedoch: Der grösste Teil der SchweizerInnen lebt in Mietwohnungen. Vor allem in Städten ist das Häuschen mit Garten und einem Zimmer für jedes Kind eine Rarität.

Während die Häuschenbesitzenden die «Bleiben Sie zu Hause»-Aufforderung in ihrem Garten als Kernfamilie ungefährdet geniessen können (inklusive Fitnesstraining auf dem Trampolin), kann das Zuhausebleiben in den engen Stadtwohnungen bald mal zum Stresstest für die ganze Familie werden. Doch wohin gehen, wenn einem die Decke auf den Kopf fällt? Täglich in die Migros zotteln kann ja nicht die Lösung sein. Und die wieder geöffneten Gartencenter sind auch eher für die Gartenbesitzenden von Interesse und weniger für MieterInnen von Stadtwohnungen.

Bleiben also die Parks, Wiesen, Seeufer und Spielplätze, die für viele StädterInnen eine willkommene Erweiterung ihrer Wohnzimmer sind. Doch wurden diese Grünflächen während des Lockdowns sukzessiv geschlossen. Das ist angesichts der unbekümmerten Nähe, mit der sich Menschengruppen zum Teil in den Parks austobten, wenig erstaunlich. Trotzdem ist die Ideenlosigkeit der Stadtverwaltungen ärgerlich. Den Einkaufsläden gelang es innert Kürze, ein Konzept auszuarbeiten, wie man ungefährdet einkaufen kann. Warum schaffen es die Stadtverwaltungen nicht, sich originelle Strategien auszudenken, wie auch Grünflächen bedenkenlos genutzt werden könnten, anstatt die Leute per Polizeieinsatz und Megafondurchsagen zu vertreiben oder die Parks gleich mit Zäunen zu verbarrikadieren?

Gerade in Hinblick auf die langsame Lockerung des Lockdowns und die kommenden Sommerferien vor der eigenen Haustür wäre ein solcher Schritt wünschenswert. Aber die Botschaft der Lockerung scheint klar: Kauft ein, geht zum Coiffeur und nützt der Wirtschaft. Aber liegt gefälligst nicht faul im Park herum.

Wir wären sogar bereit, den Park-Slogan «Erlaubt ist, was nicht ansteckt» eine Saison lang ohne Häme zu akzeptieren.