LeserInnenbriefe

Nr. 24 –

Im eigenen Garten

«Kost und Logis: Taburettli und Synthesizer», WOZ Nr. 20/2020

Bettina Dyttrich schreibt gegen die hässlichen Einfamilienhausgürtel. Als Bewohner eines solchen charmanten Altbaus mit viel Garten mitten im Dorf und mit kurzen Wegen gibt es auch noch eine andere Sicht der Dinge. Die Coronaeinschränkungen haben uns dieses wunderbare Privileg deutlich gemacht. An unserem Leben hat sich in dieser Zeit kaum etwas geändert, ausser dass man vielleicht etwas mehr Setzlinge vorgezogen hat, da das genügsame Leben sich auch sonst hauptsächlich innerhalb des Gartenzauns abspielt. Die Lockerungen der letzten Tage haben gezeigt, wie schnell es in den öffentlichen Freiräumen eng werden kann, weil man es möglicherweise im verdichteten Quartier oder in der engen Wohnung nicht aushält. Vielleicht tragen gerade auch die, die ihren sonntäglichen Ausflug im eigenen Garten verbringen können, dazu bei, dass es am See, auf den Wanderwegen, der Schiene oder der Strasse nicht noch voller wird.

Reto Sandmeyer, per E-Mail

Kein Voodoo

Verschiedene WOZ-Artikel, WOZ Nrn. 13–21/20

Ich muss der Leserbriefschreiberin Tanja Manz recht geben. Schon länger fällt auf, dass die Naturheilkunde bei Ihnen schlecht wegkommt. Sei es Homöopathie oder Pflanzenheilkunde: Ihre Beiträge lassen vermuten, dass Sie keine fundierten Kenntnisse davon, geschweige denn damit Erfahrungen haben. Wenn Therapieansätze ins Lächerliche gezogen werden, ohne das Einzelne in grösseren Zusammenhang zu setzen, so ist das einfach nicht gut recherchiert und somit schlechter Journalismus. Naturheilkunde hat sehr wohl ihre Berechtigung, wenn sie seriös betrieben wird. Gerade auch dann, wenn die Schulmedizin mit ihrem Latein am Ende ist.

Stephen Harrod Buhner ist einer der weltweit führenden Experten für angewandte Pflanzenmedizin. Er hat Behandlungsprotokolle zu vielen Infektionskrankheiten mit Pflanzentinkturen verfasst. Mehr als 25 000 Patienten haben diese Protokolle benutzt. Zu 85 Prozent erfolgreich, mehr als eine Vergleichsgruppe mit Antibiotika. Den Anwendungen dieser Tinkturen liegen wissenschaftliche Forschungen zugrunde. Es werden dereinst Pflanzen sein, die Krankheiten heilen, denn Antibiotikaresistenzen nehmen weltweit zu. Mit Voodoo oder Esoterik hat das alles nichts zu tun.

Erwin Aebersold, Hefenhofen

«Ich» ist nicht ich

«Rock-Transgressionen: Fanden wir das wirklich so toll damals?», WOZ Nr. 18/2020

Dass es Rockmusiker mit einem unterirdischen Frauenbild und einem äusserst fragwürdigen Bezug zu Gewalt gab und gibt, ist unbestritten. Merkwürdig ist aber, wie sehr bei Rockmusik (und Pop et cetera) im Gegensatz zu Literatur, Film und so weiter immer noch davon ausgegangen wird, dass das «Ich» im Song mit SchöpferIn respektive InterpretIn gleichzusetzen ist. Genau wie in anderen Kunstformen gibt es natürlich auch in der Rockmusik viele KünstlerInnen, die in Charaktere schlüpfen oder einfach Geschichten erzählen. Gerade Nick Cave war vor allem in der ersten Hälfte seiner bisherigen Karriere (um die es im besprochenen Buch geht) als Geschichtenerzähler bekannt. Am eindeutigsten ist dies beim Album «Murder Ballads», auf dem tatsächlich gemordet wird, was das Zeug hält. Dabei sterben übrigens deutlich mehr Männer als Frauen, und in drei der Songs werden Männer von Frauen getötet.

Wer also denkt, Nick Cave halte seinen Phallus für das Zepter Gottes, weil er das mal gesungen hat, der müsste auch denken, Nick Cave sei das fünfzehnjährige, mordende Mädchen aus «The Curse of Millhaven». Problematischer scheinen mir die Themen Frauen und Gewalt bei gewissen Gangsta-Rappern, Vorbilder für viele Jugendliche, die vorgeben, wirklich so zu leben, wie es in ihren Songs beschrieben wird.

Seit Nick Cave einen autobiografischeren Stil pflegt, wird in seinen Songs übrigens niemand mehr getötet. Auch keine Frau.

Frank Bührer, per E-Mail