#digi: Tiktok: die Vorzeige-App?
Tiktok ist eine possierliche App mit vielen kurzen Filmchen. Hass, Sex oder Gewalt gibt es da nicht. Das wird alles streng rausgefiltert. Donald Trump möchte den Dienst gerne verbieten, so wie es die indische Regierung schon getan hat. Angeblich, weil Tiktok für China spioniert.
Wie viele Tiktok-NutzerInnen es in der Schweiz gibt, ist nicht bekannt. Aber unter den Firmen ist die App bereits ausserordentlich beliebt. Mike Schwede, der auf digitales Marketing spezialisiert ist, hat kürzlich ein Schweizer Tiktok-Ranking publiziert. Am beliebtesten sind die Filmchen von Coop (40 000 Likes im Durchschnitt, 35 000 Follower), gefolgt von denjenigen von Radio Energy, Migros und «SRF zwei am Morgen», dem neuen Jugendkanal des Schweizer Fernsehens. Banken, Versicherungen oder auch das Bundesamt für Gesundheit nutzen Tiktok als Marketinginstrument.
Die App ist gut etabliert. Doch wie toxisch ist sie? «Eine einfache Antwort gibt es nicht, aber klar ist: Tiktok gehört zum chinesischen Konzern Bytedance, der im Zweifel der Parteilinie folgt», konstatiert die Plattform netzpolitik.org: «Was mit NutzerInnendaten passiert, die Tiktok an chinesische Partnerunternehmen weitergibt, darauf bleibt das Unternehmen bis heute eine eindeutige Antwort schuldig.» Aus europäischer Sicht wirke Trumps Kritik allerdings putzig: «Auch US-Unternehmen sind durch Geheimgerichte gezwungen, den US-Sicherheitsbehörden direkten Zugriff auf ihre Datenbanken zu geben.» Für Europa stelle sich im Wettkampf der Plattformen also einfach die Wahl zwischen Pest oder Cholera.
Ende vergangener Woche bekam die Debatte noch einen neuen Dreh. Kevin A. Mayer, der US-Chef von Tiktok, schrieb in einem Blogbeitrag, Tiktok werde alle Algorithmen und Moderationsregeln offenlegen und transparent machen, wohin welche Daten fliessen. Mayer fand, die anderen Techgiganten sollten dasselbe tun (vgl. «Die neuen Räuberbarone» ).
Bytedance will inzwischen den US-Ableger von Tiktok verkaufen. Microsoft ist interessiert. Ein Verbot der App würde für Trump damit hinfällig, weil ihn bei US-Techfirmen der mangelnde Datenschutz noch nie interessiert hat. Falls Microsoft Kevin A. Mayers Ideen aber trotzdem umsetzt, würde US-Tiktok zur Vorzeige-App.