LeserInnenbriefe

Nr. 36 –

Stadler-Züge: Wo ist das Problem?

«Schweiz–Belarus: Der Zug nach Minsk», WOZ Nr. 34/2020

Im Artikel wird moniert, dass Stadler-Rail-Chef Peter Spuhler mit dem Autokraten Alexander Lukaschenko geschäftet. Was Stadler Rail wirklich macht, ist Züge bauen für die Bevölkerung, also für die Menschen, die täglich unterwegs sind in Belarus. Wo ist also das Problem, wenn der erfolgreiche Schweizer Bahnbauer hier wie anderswo auf der Welt hilft, moderne, zuverlässige Züge auf die Schienen zu hieven?

Darum baut Stadler Rail richtigerweise auch gleich Produktionsstätten vor Ort und bietet guten Fachleuten im Land eine Perspektive und einen interessanten Arbeitsplatz. Mit diesem Prinzip arbeitet das Bahnunternehmen auch in anderen ost- und westeuropäischen sowie weiteren Ländern. Daher werden ja auch die Züge für die Schweiz nach wie vor hier gebaut, wo rund 4000 der weltweit 11 000 Mitarbeitenden an zuverlässigen, sicheren und schönen Zügen arbeiten. Wieso also nicht auch in Belarus?

Peter Anderegg, Dübendorf

Sprachsensible Waffenhändler

«Zürcher Geschichtsstreit: Bührle wird beschönigt», WOZ Nr. 34/2020

Besten Dank für den informativen Beitrag zu Bührles Kunstkiste und den sprachlichen Pirouetten. Peter Haerle hat natürlich recht mit der Feststellung, dass die Historiker die Änderungsvorschläge nicht übernehmen müssen. Dass staatlich bestallte Forscher es zu oft tun, zeigt andererseits das Niveau an unseren Universitäten. Weshalb nicht ein Kapitel «Sprachreflexionen» in die Studie einbauen – über Reizwörter, Profit, Freikorps und dergleichen? Den Nazifreund am Schluss noch als möglichen Warner vor Antisemitismus aufzufrischen, heisst dann doch, das Fuder zu überladen. «Wenn der Führer das wüsste …» hiess es seinerzeit.

So gesehen kann man schon fragen: Hat Bührle tatsächlich gewusst, wissen können, wollen, müssen, dass teilweise ZwangsarbeiterInnen seine Kanonen fertigten? Und schon wieder so unschöne Wörter: «Zwangsarbeiter», «Kanonen», «Krieg». – Ja, wo sind wir denn? Im Ponyhof auf Level 2?

Allen, die es wissen wollten, hat Richard von Weizsäcker 1985 ins Stammbuch geschrieben, dass es nicht so wichtig ist, was man 1933 bis 1945 wusste, sondern was man hätte wissen können, wenn man denn gefragt hätte! Ignoranz als Ausrede zieht nicht mehr. Schon einmal von Verantwortung gehört? Es ist eine Schande, dass Regierende, die sich links nennen, in Sachen Kunst ebenso geschichtsblind sein wollen wir ihre neoliberalen und nationalistischen Gspänli, diese Fans der Folklore. Praktisch auf der ganzen Linie verpasst Zürich einmal mehr die Chance, sich auf der Welt und in der Geschichte zu verorten. Was zu bedauern ist.

Peter Boller, Historiker, per E-Mail

Profit aus Waffenhandel

«Bührle-Streit: ‹Vertrauen verspielt›», WOZ Nr. 35/2020

Sogar in Mainstreammedien und nicht nur in der WOZ wird kritisch kommentiert, dass im Forschungsbericht zum Waffenhändler Emil Georg Bührle selig einige Fakten weggelassen werden «mussten». Bührle finanzierte seinerzeit das neue Gebäude des Kunsthauses am Heimplatz in Zürich.

Noch nicht gehört habe ich, dass kritisiert wird, dass die Credit Suisse jetzt das neue Hardturmstadion finanziert, die Credit Suisse Arena. Die Credit Suisse macht ihre Profite auch mit Unternehmungen, die an der Produktion von Atombomben beteiligt sind. Laut dem Friedensnobelpreisträger 2017, der internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), investierte die Credit Suisse 2018 1,313 Milliarden Dollar in Firmen, die an der Herstellung von nuklearen Sprengkörpern beteiligt sind. Die Credit Suisse kurbelt mit dieser Anlagepolitik das nukleare Wettrüsten an und gefährdet unsere Sicherheit.

Zu erwarten ist, dass die fussballbegeisterten Zürcherinnen und Zürcher dem Projekt «Ensemble» am 27. September zustimmen und das Referendum ablehnen werden. Man könnte dann beim Haupteingang der Credit Suisse Arena nach der Vollendung des Fussballstadions wenigstens ein grosses Transparent anbringen, etwa mit der Anschrift: «Die Credit Suisse Arena wurde auch mit Profiten finanziert, die die Credit Suisse mit der Finanzierung von Firmen erzielte, die Atombomben produzieren».

Heinrich Frei, Zürich