LeserInnenbriefe

Nr. 42 –

Naegeli tanzt

«Zürcher Kunstpreis: Die Utopien des Harald Naegeli »; «Popmusik: Die Revolution wird keine Instagram-Story sein », beide in WOZ Nr. 40/20

Kleine Ergänzung zum schönen Bericht; lasst den Naegeli tanzen … Harald sprayte das Bühnenbild zum Willisauer Jazzfestival 1984. Der Festivalgründer Niklaus «Knox» Troxler feierte damals das Zehnjahrjubiläum. Am Freitagabend peitschte der Percussionist Davis Moss mit seinen New York Objects & Noise die ZuhörerInnen reihenweise aus dem Saal.

P. S.: Schön, dass Naegeli und das Kollektiv Sault in einem Bogen Zeitungspapier bei euch erhältlich sind.

Philippe Meier, Rodels

Löhne

«Schokolademuseum: Ohne Sklaverei keine Schoggi», WOZ Nr. 39/20

Das «Home of Chocolate» in Kilchberg wurde zusammen mit dem berühmtesten Schweizer, mit Roger Federer, eingeweiht. Wer Federer ist, weiss in der Schweiz sicher jedes Kind. Der Name Henry Dunants, der den Krieg nicht nur humanisieren, sondern auch abschaffen wollte, ist sicher weniger bekannt. Als ich von 1962 bis 1964 in Oberrieden wohnte, war die Schokoladenfabrik in Kilchberg für mich auch ein Begriff. Wenn die Arbeiterinnen von Lindt & Sprüngli das Abteil des Zuges betraten, in dem ich sass, machte sich jeweils ein nicht unangenehmer Geruch von Schokolade breit. Ernst Tanner, der Chef von Lindt & Sprüngli, riecht vermutlich nicht nach Schokolade …

Ernst Tanner bezog 2012 ein Salär von 6,9 Millionen Franken. Das war 230-mal mehr, als ein Angestellter mit dem tiefsten Lohn bei Lindt & Sprüngli erhielt. «Ich leite eines der erfolgreichsten Unternehmen und bin jeden Franken wert», rechtfertigte sich Tanner. Wie viel verdient ein Kakaobauer, der Lindt & Sprüngli beliefert?

Der Österreicher Severin Schwan, CEO beim Pharmariesen Roche mit Sitz in Basel, verdiente 2012 über 12,5 Millionen Franken. Damit sei er zufrieden, sagte er. Ein Bundesrat verdient heute 454 581 Franken im Jahr, also 27,5-mal weniger als der Chef von Roche. Bei diesen astronomischen Löhnen bei den Banken, der Pharma, Nestlé, ABB, Lindt & Sprüngli und so weiter erübrigt sich eigentlich die Frage «Wer regiert die Schweiz?».

Heinrich Frei, Zürich

Esoterik?

«Verschwörungsdemos: Das braune Erbe der Esoterik», WOZ Nr. 41/20

Sarah Schmalz erledigt ihre Aufgabe beim Schreiben über die Konstanzer Anticoronademo sicher nicht schlechter als Kollege René Scheu vom NZZ-Feuilleton, wenn er über Linksintellektuelle schreibt (oder schreiben lässt). Eigentlich ist die Aufgabe unlösbar. Am einen Ort heisst es «die Linksintellektuellen», am anderen «die Esoteriker», wo man bereits mit oberflächlichen Kenntnissen feststellen wird, dass man weder die einen noch die anderen in jeweils einen Topf werfen kann.

Pauschalisierungen sind das eine, bewusst oder fahrlässig gesetzte Konnotationen das andere. Was soll man beispielsweise mit einem Satz wie dem folgenden anfangen: «Seine Rede ist (…) voller rechtsesoterischer Referenzen: Friedrich Schiller kommt darin vor und Rudolf Steiner.» (Schiller eine rechtsesoterische Referenz?) Und wenn Frau Schmalz behauptet, dass «das antisemitische Stereotyp der jüdisch kontrollierten Bankensysteme damals wie heute zur Forderung nach einem alternativen Geldsystem» führe, legt der Duktus ihrer ganzen Schreibe nahe, dass auch der Umkehrschluss gilt: Wo alternative Geldsysteme diskutiert werden, ist Antisemitismus nicht weit (Tausch- und Geldkreise und Vollgeldinitianten werden sich bedanken).

In die Nebelschwaden des Berichts, die ebenso der Szene wie Sarah Schmalz anzulasten sind, sei mir erlaubt, einen klaren Satz zu stellen: Steiner war Esoteriker und Antikapitalist, Antinationalist und Antirassist – was ohne Weiteres zu belegen ist.

Matthias Wiesmann, Frauenfeld