Energiepolitik: Zeigen, wie es nicht geht
Das Bundesamt für Energie (BFE) hat seine «Energieperspektiven 2050+» vorgestellt. Diese skizzieren ein Szenario, mit dem die Schweiz auf den Weg zu einer klimaneutralen Energieversorgung kommen soll. Sie sollen der künftigen Energiepolitik zugrunde liegen und einen Beitrag dazu leisten, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. «Netto-Null-Ziel erreichbar» und ähnlich titelten die Medien. Aber das wussten wir schon. Natürlich ist «netto null» erreichbar – politischer Wille vorausgesetzt.
Aber an diesem Willen lassen die Energieperspektiven zweifeln. Erstens fallen die Treibhausgasemissionen gemäss dem errechneten Szenario mitnichten auf null: Die energiebedingten CO2-Emissionen fallen um 90 Prozent gegenüber heute, die gesamten Treibhausgasemissionen inklusive der Luftfahrt um rund zwei Drittel. Eine rechnerische Null wird daraus nur, wenn man die Menge CO2, die sich künftig aus der Atmosphäre entfernen und entsorgen lässt, ziemlich grosszügig einschätzt.
Zweitens: Aus Klimasicht ist nur eine Kennzahl relevant: die kumulierte Menge Treibhausgase, die insgesamt noch emittiert werden. Diese Zahl fehlt in den Szenarien. Man kann sie aber errechnen: Sie beträgt – selbst wenn man den Optimismus bezüglich «negativer Emissionen» teilt – das Zwei- bis Dreifache dessen, was laut dem Klimarat IPCC dem Schweizer Anteil am globalen Budget entspräche. Das ist kein Beitrag zum 1,5-Grad-Ziel.
Drittens braucht es laut dem IPCC «systemische Übergänge», um das Klimaziel zu erreichen. Die Energieperspektiven aber betrachten die Schweiz nicht systemisch, sondern technokratisch: Da geht es um Fahrzeugmotoren, nicht um Verkehrssysteme. Dass der Verkehr und weitere Kenngrössen weiter zunehmen, wird vorausgesetzt wie ein Naturgesetz.
Das Emissionsbudget oder systemische Ansätze wie Suffizienz zu ignorieren, war ein bewusster Entscheid, wie das BFE auf Anfrage bestätigt. Diese Energieperspektiven zeigen, wie es nicht geht. Wie es ginge, hat das BFE gar nicht ernsthaft zu zeigen versucht.
Marcel Hänggi ist Mitinitiant der Gletscherinitiative.