Im Affekt : Ein bisschen Sexobjekt, ein bisschen Schelm

Nr.  49 –

Schlicht müsste sie sein, die Hymne gegen die toxische Männlichkeit, auf keinen Fall breitbeinig oder pathetisch. Nicht zu raumgreifend eben. Vielleicht dürfte dieses Lied nicht einmal eine Hymne sein, denn wie feierlich muss das sein, wenn die Zerstörungswut des Mannes endlich versiegt? Nein, dieser Kampf kann kein heroischer sein, eine Verwässerung eher oder eine Brechung.

Long Tall Jefferson, der Liebling der Schweizer Indieszene und ein Barde der urban-digitalen Gegenwart, hat ein solches Lied geschrieben. «Better Man» heisst es, und Long Tall Jefferson zeigt damit wieder einmal eindrücklich, wozu so ein Folksong mit vier Versen, zwei Refrains und dezent gezupfter Melancholie eigentlich fähig wäre. Das Lied erzählt von einem Mann, der mit seiner Freundin streitet. Zunächst gibt er sich selbstgerecht: «Wer bist du denn, mir Fehler vorzuwerfen?» Doch sie lässt nicht locker, wirft ihm wütende Blicke zu, erklärt es ihm noch mal – bis der Groschen fällt: «Du hast recht, und ich lag falsch. Ich brauchte eine Weile, um zu verstehen.»

Zu hören ist «Better Man» auf seinem neuen Album, «Cloud Folk», auf dem Long Tall Jefferson manchmal auch durch Autotune singt. Auf dem Cover liegt er auf einem rosa Laken, beisst lasziv in einen cremigen Muffin und blickt von unten in die Kamera – ein bisschen Sexobjekt, ein bisschen Schelm. Da versteckt sich etwas hinter der lieblichen Oberfläche; auch bei «Better Man» zeigt sich die poetische Raffinesse erst beim zweiten Hinhören. Das präzise Bild im dritten Vers etwa für die Verantwortung des Einzelnen am problematischen Ganzen: «Wer bin ich denn, zu sagen, dass ich kein Teil dieser Maschinerie sei, die andauernd dein Herz bricht und Tausende andere jeden Tag.» Und was heisst Solidarität? Zusammen Zäune einreissen!

Nein, dieser besserungswillige Mann begibt sich nicht in die Opferposition, so sagt es ja schon der Songtitel. Das wäre nämlich auch nur wieder so ein toxischer Move.

Zum Thema Liebe und Raum gibt es auf dem Album einen weiteren Beitrag: «(I’m in Love with an) Astronaut».