Wahlen in Venezuela: Ein Parlament als traurige Fassade
In Venezuela gewinnen die Verbündeten von Nicolás Maduro die Parlamentswahlen haushoch. An der verfahrenen Situation im Land ändert das trotzdem nichts.
In Venezuela wurde am Sonntag ein neues Parlament gewählt, und obwohl das Ergebnis ganz anders war als bei der Wahl von 2015, wird sich politisch nichts ändern. Statt der Opposition wird von Januar an die Vereinigte Sozialistische Partei von Präsident Nicolás Maduro mit ihren Alliierten über eine Zweidrittelmehrheit verfügen. Die Wahlbeteiligung war extrem niedrig, nur knapp über dreissig Prozent.
Das konnte man erwarten. Im Land wütet die Coronapandemie, und die harte rechte Opposition hatte zu einem Wahlboykott aufgerufen. Vor allem aber lag die tiefe Beteiligung daran, dass demokratische Institutionen in Venezuela längst nur noch traurige Fassaden sind und niemand erwartet, dass sich mit einer Parlamentswahl irgendetwas ändert. So reichte die Mobilisierung der verbliebenen AnhängerInnen Maduros – rund zwanzig Prozent des Wahlvolks –, um einen nur scheinbar hohen Wahlsieg einzufahren.
Maduro braucht das Parlament nicht
Einziger Effekt der Wahl dürfte sein, dass die verfassunggebende Versammlung wieder aufgelöst wird. Sie war 2017 ohnehin nicht gewählt worden, um eine neue Verfassung auszuarbeiten. Maduro wollte mit ihr nur ein von ihm dominiertes Instrument haben, das Beschlüsse des oppositionellen Parlaments wieder aufheben konnte. Das braucht er jetzt nicht mehr.
Im Grund braucht Maduro auch das neue Parlament nicht. Er hält sich mithilfe der Sicherheitskräfte an der Macht, die zum Teil brutal gegen die rechte und linke Opposition und gegen Nichtregierungsorganisationen vorgehen. Oppositionsführer Juan Guaidó wäre längst eine zu vernachlässigende Figur, hätte er nicht US-Präsident Trump im Rücken. Der von den USA geführte Wirtschaftskrieg gegen Venezuela stürzte die Bevölkerung noch tiefer ins Elend, als es Missmanagement und Korruption der Regierung alleine vermocht hätten. Guaidó hatte die Anmassung, rechtmässiger Präsident zu sein, mit seinem Amt als Parlamentspräsident begründet. Das ist jetzt hinfällig. Er wird dem neuen Parlament nicht mehr angehören.
Biden will reden
Guaidó wird sich – wie Trump – mit Händen und Füssen gegen sein Verschwinden von der politischen Bildfläche wehren. Nach Trump wird nun aber Joe Biden US-Präsident, und der hat angedeutet, er wolle das Gespräch mit der Regierung Maduro suchen. Ob sich Maduro darauf einlässt, wird von den Forderungen abhängen, die die US-Unterhändler mit nach Caracas bringen werden. Immerhin könnte das ein Anfang des Endes einer längst sinnlos gewordenen Konfrontation werden.
Das Ergebnis der Wahl aber einfach nicht anzuerkennen, wie dies zusammen mit den USA rechts regierte Länder Lateinamerikas wie Brasilien und Kolumbien und auch die EU getan haben, ist dagegen billig. Es weist nicht in die Zukunft, sondern vertieft die längst aufgeworfenen Gräben.