Asylpolitik: Zurück in ein rechtes Regime?

Nr. 3 –

Die Schweiz verweigert dem Honduraner José Padilla das Asylrecht: Er könne nicht beweisen, dass er Journalist sei – und auch nicht, dass er verfolgt wurde. Für Padilla und seine UnterstützerInnen ist die Argumentation ein Affront.

Es trifft vor allem LokaljournalistInnen, die sich mit Korruption und Drogenhandel befassen: José Padilla wurde in Honduras geschlagen und gefoltert. Foto: Kira Kynd

Kalt – so könnte das Schweizer Asylsystem beschrieben werden. Für José Padilla hat es die mögliche Ausschaffung zur Folge. Anfang 2018 beantragte der Journalist hier Asyl. «Ich suchte Schutz vor den Drogenkartellen in Honduras», erzählt er auf einem Spaziergang durch Zürich. Die Schweiz, so seine Annahme, würde ihm Sicherheit bieten.

Nach eineinhalb Jahren folgte die Antwort des Staatssekretariats für Migration (SEM): negativ. «Ihre Vorbringungen halten den Anforderungen an die Glaubwürdigkeit nicht stand», hiess es in dem Schreiben. Die Behörde berief sich auf widersprüchliche Aussagen und angeblich gefälschte Dokumente. Padilla habe von Schlägen erzählt, die er – je nach Interview – durch einen Baseballschläger oder einen Holzstock erlitten habe. Ein eingereichtes Arztzeugnis aus Honduras, das die Folter dokumentieren sollte, stufte das SEM als «mögliches Gefälligkeitsschreiben» ein. Zudem zweifelte es an Padillas Tätigkeit als Journalist.

Erfolglose Klage

Für Daniel Langmeier vom Verein Honduras Forum Schweiz ist diese Argumentation ein Affront. Das SEM habe die von Padilla eingereichten Presseausweise nicht einmal beachtet – und auch nicht berücksichtigt, dass er schwer traumatisiert sei. Laut der Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht ist gerade bei erlittenen Traumata eine widerspruchsfreie Darstellung der Fluchtgeschichte oft nicht möglich. Und auch das SEM hält fest, dass traumatisierte Personen «unter Umständen gerade zu ihren zentralen Erlebnissen aus verschiedensten Gründen keine substantiierten Angaben machen können». Und trotzdem der harte Entscheid.

Auf Anfrage der WOZ wollte das SEM aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Aussagen zum Fall machen. Allgemein hiess es, «dass eine journalistische Tätigkeit in Honduras unter Umständen zu einer asylrelevanten Verfolgung führen kann». Jedoch müsse dies im Einzelfall abgeklärt werden.

Zusammen mit dem Honduras Forum Schweiz und dem Solidaritätsnetz Bern klagte Padilla gegen das Verdikt – ohne Erfolg. Ende Dezember hat das Bundesverwaltungsgericht (BVG) unter SVP-Richter Lorenz Noli den negativen Entscheid bestätigt. «Ein rechter Richter will mich in ein rechtes Regime zurückschicken», sagt Padilla.

Auch das BVG argumentierte: Padilla habe nicht hieb- und stichfest beweisen können, dass er Journalist sei. Zwar gab das Gericht zu, dass er womöglich Medienschaffender sei. «Dennoch hätte wohl jede am honduranischen Tagesgeschehen und entsprechend thematisch interessierte Person […] in ähnlicher Weise Auskünfte über die allgemeinbekannte Korruption und Situation in Honduras geben können», heisst es in der 29-seitigen Begründung. Padilla habe zudem nicht nachweisen können, dass er gezielt verfolgt worden sei.

Die Argumentation legt laut Langmeier nahe, dass sich weder das BVG noch das SEM ausreichend mit der Situation in Honduras beschäftigt hätten. «Honduras liegt auf Platz 146 von 180 des globalen Pressefreiheitsindex. Seit 2001 sind mehr als 79 Medienschaffende ermordet worden.» Man könne deshalb unmöglich behaupten, die Berufsgruppe sei nicht bedroht. Es treffe gerade die lokalen und unbekannten JournalistInnen, so Langmeier, der sich seit Jahren mit dem zentralamerikanischen Land beschäftigt.

Name auf schwarzer Liste

In Honduras arbeitete Padilla als Radiojournalist, machte keine grossen Reportagen oder Sendungen. Als Lokalreporter für den Oppositionssender Radio Globo berichtete er immer wieder über Drogenhandel und Korruption, hatte gute Kontakte in die Bevölkerung, die ihm Tipps gab, und begab sich gemeinsam mit seinen KollegInnen auf Spurensuche vor Ort. Mit der Zeit wurde die Arbeit allerdings immer gefährlicher. Seit dem Putsch von 2009 regieren in Honduras rechte Präsidenten, deren Nähe zu Drogengeschäften mehrmals nachgewiesen wurde. Repression von staatlichen Organen und Kartellen ist seither an der Tagesordnung.

2013 wurde Padillas Kollege Anibal Barrow von Globo TV brutal ermordet. Im gleichen Jahr wurde auch Padilla entführt: Nach einer Veranstaltung bedrohte ihn ein Mann mit einer Waffe. Dann wurde er von Unbekannten in einen Pick-up gedrängt, später verprügelt und aus dem fahrenden Auto geworfen. Wegen nur notdürftiger medizinischer Betreuung nach der Entführung wird Padilla bis heute ärztlich behandelt.

Nach der Attacke häuften sich die Vorfälle. Mal ein Offizier, der ihm nach kritischen Fragen drohte, mal ein bedrohlicher Anruf. 2017 floh Padilla in die Hauptstadt Tegucigalpa. Doch auch dort wurde er von der Polizei verfolgt und von Drogenbanden bedroht. Im November warnte ihn ein General, sein Name stehe auf einer schwarzen Liste. «Mich packte die Angst, und ich beschloss zu fliehen», erzählt er. Ein paar Wochen später landete er in der Schweiz.

Nun droht Padilla die Ausschaffung. Mit seinen UnterstützerInnen überlegt er sich zurzeit das weitere Vorgehen. Zuerst müssen sie sich um eine Bleibe für Padilla kümmern, denn in eine Notunterkunft soll er nicht.