Messengerdienste: #DeleteWhatsApp

Nr. 3 –

In Scharen kehren Menschen derzeit Whatsapp den Rücken – weil sie nicht länger ihre persönlichen Daten Facebook in den Schoss legen wollen, damit der Konzern damit Geld verdienen kann. Dabei gibt es sinnvolle Alternativen.

Die Ankündigung neuer Nutzungsbedingungen löste bei Whatsapp jüngst einen veritablen Exodus aus: Bis zum 8. Februar sollten die UserInnen zustimmen oder den Dienst nicht weiter nutzen können. Dabei bleibt eigentlich das meiste beim Alten – radikale Veränderungen für die Nutzung der seit 2014 Facebook gehörenden Messenger-App gibt es nicht.

Trotzdem sehen sich Millionen nach Alternativen um. Sie sind verunsichert und verärgert – ein Resultat aus ungeschickter Kommunikation und wachsendem Unmut über die Datenskandale von Digitalkonzernen. So steht in der neuen Datenschutzrichtlinie: «Wir können mithilfe der von Ihnen erhaltenen Informationen (…) unsere Dienste (…) betreiben, bereitstellen, verbessern, verstehen, individualisieren, unterstützen und vermarkten.»

Kein Wunder, dass solche Formulierungen die schon lange bestehende Befürchtung befeuern, Facebook wolle mit den Daten von Whatsapp mehr Geld machen – immerhin liess der Konzern für den Dienst neunzehn Milliarden US-Dollar springen. Mittlerweile versucht Facebook verzweifelt, den Schaden zu begrenzen, und hat die Zustimmungsfrist auf Mai verschoben. Das soll auch den Run auf die Alternativen Telegram, Signal oder Threema bremsen. Ob das gelingt?

Von Snowden empfohlen

Mit über 500 Millionen NutzerInnen ist Telegram die populärste Alternative. Doch sind Nachrichten nicht automatisch verschlüsselt und könnten unterwegs mitgelesen werden. «Zudem sind Besitzverhältnisse und Infrastruktur nicht eben transparent», gibt Erik Schönenberger von der Digitalen Gesellschaft zu bedenken. Stattdessen verweist er auf Signal und Threema als gute Optionen. «Wenn man Sicherheit, Nachhaltigkeit und Benutzerfreundlichkeit gegeneinander abwägt, sind dies zwei gute Messenger.»

Insbesondere Signal erfreut sich grosser Beliebtheit – selbst Whistleblower Edward Snowden empfiehlt es. Dabei steht hinter der kostenlosen App seit 2018 ausgerechnet der Gründer von Whatsapp: Brian Acton. Dieser verkaufte Whatsapp vier Jahre zuvor an Facebook und verliess im September 2017 Hals über Kopf das Unternehmen – angeblich wegen eines Disputs über die Monetarisierung von Whatsapp. Im Februar darauf gründete er die gemeinnützige Signal Foundation, um damit die Entwicklung von Signal mit einem Darlehen von fünfzig Millionen US-Dollar zu unterstützen.

Das auf Spenden basierende Geschäftsmodell ist der Grund, warum sich Signal kostenlos nutzen lässt. Die Daten der NutzerInnen sollen dabei niemals zu Geld gemacht werden. «Die Idee ist, dass wir uns eine Spende mit einem innovativen Produkt verdienen wollen», erklärte Acton dem Onlinemagazin «TechCrunch». Dennoch war Signal vom Zustrom so überwältigt, dass der Dienst zwischenzeitig für einen halben Tag den Geist aufgab.

Privacy by Design aus der Schweiz

«Wir verzeichnen derzeit täglich zehnmal mehr Downloads als zuvor», sagt Roman Flepp von der Schweizer App Threema. Das seien Hunderttausende neue NutzerInnen für den im Schwyzer Pfäffikon beheimateten Dienst. Auf die Frage, warum man für drei Franken Threema kaufen und sich nicht etwa für das kostenlose Signal entscheiden solle, antwortet Flepp: «Kein anderer Messenger bietet das gleiche hohe Mass an Sicherheit und Datenschutz. So kann zum Beispiel nur Threema ohne die Angabe einer Telefonnummer genutzt werden.» Auch für Erik Schönenberger liegt der zentrale Unterschied darin, dass sich Threema komplett anonym nutzen lasse. Dafür lässt sich Signal auch ohne Smartphone nutzen – was bei Threema erst im Verlauf des Jahres möglich sein soll.

Für die meisten NutzerInnen sind diese Unterschiede marginal. Die Entscheidung hängt vor allem von Netzwerkeffekten ab: Welche Kontakte wechseln wohin? Hier dürfte Signal mit seiner grösseren Bekanntheit und dem kostenlosen Angebot im Vorteil sein.

Sowohl Threema als auch Signal sind komplett verschlüsselt. Der Code der Apps ist öffentlich und reproduzierbar und wurde mehreren unabhängigen Sicherheitsaudits unterzogen. Doch: «Nur bei Threema liegen die Daten auf eigenen Servern in der Schweiz», sagt Flepp. Damit ist der Dienst nicht direkt dem heftig kritisierten «Cloud Act» unterworfen. Dieser berechtigt US-Behörden, auf die Daten von IT-Dienstleistern zuzugreifen. Als US-Unternehmen ist Signal davon betroffen. Doch da es nur eine verschleierte Telefonnummer speichert, gibt es nicht viel zu sehen. Hinzu kommt, dass auch in der Schweiz der Staat heiss auf die Messengerdaten ist – der Dienst ÜPF würde sie gerne erfassen. Dieser ist für die Überwachung der Kommunikation im Auftrag von Geheimdienst und Polizei zuständig. Dagegen konnte sich Threema bis jetzt erfolgreich vor Gericht wehren.

Die WOZ hat in Kooperation mit der Digitalen Gesellschaft einen Ratgeber zur digitalen Selbstverteidigung veröffentlicht. Er kann unter www.digitale-gesellschaft.ch/ratgeber/ abgerufen werden.