Im Affekt: Jonas Projer am Herd!
Ein Mann weiss Bescheid, vor allem, wenn er nicht nur Mann ist, sondern dazu noch Chefredaktor. Arthur Rutishauser ist Chefredaktor von Tamedia, und als solcher weiss er: «Es ist nicht so leicht, in der Schweiz qualifizierte Journalistinnen zu finden.» Bei der WOZ würden wir nun sagen: Hey, du hast das Binnen-I vergessen. Machs rein, dann stimmt der Satz vielleicht. Aber Rutishauser sagte diesen Satz nicht in der WOZ, sondern in der «Süddeutschen Zeitung». Und dass er das generische Femininum benutzt hätte, die Männer also eigentlich mitgemeint waren? Eher würde Markus Somm als Satirepraktikant bei der WOZ anheuern (nein, das ist kein Angebot).
Aber item, schrecklicher Verdacht: Chefredaktor Rutishauser hat recht! Die NZZ-Geschäftsleitung (sechs Männer, eine Frau) kennt das Problem mit den qualifizierten Journalistinnen nämlich auch. So musste man jetzt extra Jonas Projer von Blick TV abwerben, als neuen Chefredaktor der «NZZ am Sonntag». Der Exmoderator der SRF-«Arena» geht also ausgerechnet zu der Zeitung, die mit Abstand am meisten Papier auf die Waage bringt. Und der Vater von fünf Kindern bringt auch ein interessantes publizistisches Credo mit, das er jüngst beim «Creative Coffee» des Medienportals «Persönlich» verriet: «Die Leute wollen heute keine Journalisten mehr, die so tun, als wüssten sie über alles Bescheid.» Wobei der einzige Journalist, der über alles Bescheid weiss, natürlich der Chefredaktor bleibt.
Zu seiner politischen Haltung indes, so war im «Tages-Anzeiger» zu lesen, habe Projer im Hinblick auf seinen Wechsel keine Stellung nehmen wollen. Dafür sei es «noch zu früh».
Wie sagte doch Projer in der WOZ einst auf die Frage, wieso er nach seinem Filmstudium zurück in den Journalismus gewechselt habe? Manchmal müsse man seine Träume seinen Fähigkeiten anpassen: «Mit zwanzig wusste ich, was ich will. Mit dreissig aber wusste ich, was ich kann.» Im Sommer wird Jonas Projer vierzig. Vielleicht weiss er dann auch, wo er politisch steht.
Haben Sies gemerkt? Die Schlagzeile oben ist der abgewandelte Titel einer «Arena»-Sendung unter Projer.