LeserInnenbriefe

Nr. 14 –

Agrar- statt Bauernlobby

«Agrarpolitik: Nicht nur die Rechten polarisieren», WOZ Nr. 12/2021

In der vorletzten Ausgabe der WOZ fand sich ein treffender Kommentar zur aktuellen Agrarpolitik. Die abschliessende Kritik an der «Agrarlobby stoppen!»-Kampagne der Umweltverbände greift aber zu kurz.

Leider wird die berechtigte Kritik an der industriellen Landwirtschaft und ihren Folgen schon lange auf dem Rücken der Bäuerinnen und Bauern ausgetragen. Die Landwirtschaftsbetriebe sind aber in den wirtschaftlichen Zwängen der Agrarpolitik gefangen, und viele Bäuerinnen und Bauern fühlen sich durch die pauschalen Angriffe als Sündenböcke hingestellt. Der Kampagne der Umweltverbände ist es nun gelungen, dass aufmerksame Medienschaffende nicht mehr von «Bauernlobby», sondern eben von «Agrarlobby» sprechen.

Die Kampagne richtet sich nicht gegen uns Bäuerinnen und Bauern, sondern gezielt gegen den Speckgürtel rund um die Landwirtschaft. Sie zielt auf den Dünger- und Futtermittelhandel, die Agrochemie und die Maschinenindustrie, die ihre Anliegen in der Agrarpolitik mit viel Geschick und Erfolg durchdrücken. Gleichzeitig wird die berechtigte Empörung vieler Bäuerinnen und Bauern über die Dauerkritik nachhaltig bewirtschaftet: Die Kampagne «Agrarlobby stoppen!» als pauschalen Angriff auf uns Bäuerinnen und Bauern darzustellen und die Verantwortung für die Blockade in der Agrarpolitik auf die Umweltverbände zu überwälzen, ist nur ein weiteres durchsichtiges Manöver dieser Agrarlobby.

Kilian Baumann, Biobauer und Nationalrat, per E-Mail

Grundeinkommen!

«Nationalbank: Machtlos auf einem Devisenberg», WOZ Nr. 13/2021

Anstatt Milliarden Devisen anzuhäufen, sollte das Geld an die Menschen im Land verteilt werden, in Form eines Grundeinkommens! Bis der Franken eines Tages an Wert verliert.

Lukas Hofstetter, per E-Mail

Kranke Geldanlagen

«Kommentar zum neusten Credit-Suisse-Skandal: Heiliger Geist, hilf!», WOZ Nr. 13/2021

Die Credit Suisse ist wegen dubioser Finanzspekulationen wieder in die Schlagzeilen geraten. Wie Daniel Stern schreibt, wird der Heilige Geist diese Bank nicht vor einem Konkurs retten, falls es so weit kommen würde. Als systemrelevanter Bank würde der Staat der Credit Suisse helfen, wie seinerzeit der UBS.

Keine Schlagzeilen machen andere Investitionen von systemrelevanten Schweizer Institutionen. Kranke Geldanlagen, ohne Einspruch der Bundesrätinnen, Bundesräte, des Parlamentes und des Bundesgerichtes. Die Schweizerische Nationalbank, Banken, Versicherungen und Pensionskassen investieren Milliarden in Rüstungskonzerne. Wie viele Milliarden, ist mir nicht bekannt. Bekannt hingegen ist, dank Recherchen von ICAN, der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen, dass im Jahr 2019 Schweizer Geldhäuser für 8,983 Milliarden US-Dollar in Konzerne investierten, die Atomwaffen herstellen.

Zum Vergleich: Die Finanzinstitute Deutschlands, ein Land mit 84,3 Millionen Einwohnern, platzierten 2019 11,759 Milliarden US-Dollar in der Atomwaffenindustrie. Die Schweiz hat 8,6 Millionen Einwohner. Pro Kopf der Bevölkerung investierte die Schweiz 2019 also 1046 US-Dollar in Atomwaffenkonzerne und Deutschland 141 Dollar. Nach den USA (1729 Dollar pro Kopf) investieren Schweizer Finanzinstitute am meisten Geld in Firmen, die nukleare Waffen herstellen.

Atomwaffen können gar nicht in einem Krieg eingesetzt werden. Denn schon die Explosion von hundert Atombomben würde einen weltweiten nuklearen Winter zur Folge haben, mit Ernteausfällen und nie da gewesenen Hungersnöten.

Heinrich Frei, Zürich

Verzicht aufs Binnen-I

Sie fordern Ihre Leserinnen und Leser auf, sich Ihnen gegenüber mit Kritik oder Lob zu äussern. In meinem Brief geht es um keines von beiden. Vielmehr handelt es sich um eine Anregung in einer Sache, die mir am Herzen liegt.

Ich habe von 1997 bis 2012 bei den Parlamentsdiensten des Bundes und bei Kommissionen des Grossen Rates des Kantons Bern als Protokollführer gearbeitet. Während dieser doch recht langen Zeit habe ich das Binnen-I nie verwendet. In den von mir verfassten Protokollen lesen Sie von Ärztinnen und Ärzten, Lehrern und Lehrerinnen, Studentinnen und Studenten, Oberrichterinnen und Oberrichtern und so weiter. Sie schreiben konsequent MigrantInnen, LeserInnenbrief, BundesparlamentarierInnen und so weiter.

Ich verzichte aus verschiedenen Gründen auf das Binnen-I. Diese einst neuartige Form, explizit die beiden Geschlechter zu nennen, hatte im Kampf um die Gleichberechtigung ihre Zeit. Nun scheint mir, diese Zeit sei abgelaufen, obschon die Gleichberechtigung noch lange nicht verwirklicht ist. Für mein Empfinden hat die Verwendung des Binnen-I heute einen etwas doktrinären Charakter, zumal es ohne den geringsten Verlust an Klarheit in Bezug auf das Anliegen der Gleichberechtigung durch die «Lehrerinnen-und-Lehrer-Formulierung» ersetzt werden kann. Das ist das eine.

Zum andern liegt mir viel am behutsamen Umgang mit der Sprache. In gutem Deutsch, das sich fliessend lesen und auch vorlesen lässt, hat das Binnen-I meines Erachtens keinen Platz. Zugegeben, die von mir verwendete Formulierung ist etwas länger, dafür aber unvergleichlich viel natürlicher und schöner. Und sie lässt sich in der gesprochenen Sprache verwenden. Ich sage beispielsweise zu einem Freund: «Die Wählerinnen und Wähler haben entschieden.»

Aus diesen Gründen nenne ich mein Schreiben nicht LeserInnenbrief, sondern einfach Brief.

Richard Grand, Schwanden

Kein neoliberaler Schwenk

«Basler Politdynastien: Die Kinder einer entrückten Partei», WOZ Nr. 12/2021

Bei allem Mitschmunzeln über die lavierenden Küken der Basler LDP: Der Artikel von Benjamin von Wyl greift einiges zu kurz, wenn er eine Bürgerpartei, die den neoliberalen Schwenk nicht mitgemacht hat, als «aus Folklore und Distinktion» bestehend apostrophiert. So kann er denn das Agieren des Patriarchen Christoph Eymann auch gar nicht einordnen, obwohl es die LDP charakterisiert.

Es ist eine Partei der altväterischen Patrons, denen der Plebs noch nicht egal ist. Sie will als Unternehmerpartei eine gewisse Harmonie mit dem Kleinbürgertum erhalten und schürt diese stets mit einigem Mäzenatentum und Stiftungen. Masshalten in der Ungleichstellung ist aber durchaus ein Programm, das sogar etwas über den Turbokapitalismus hinausweisen kann. Wenn es nicht nur das Kriterium gibt, wie am meisten rausgepresst werden kann aus dem Staat und der Bevölkerung, ist auch das Lavieren typisch. Tricksen und faken ist hingegen eher tabu geblieben.

Dafür hat man die Fasnacht, deren kritisch propagandistisches Potenzial (in jeder Richtung) nur eine Zürcher Zeitung als «Folklore» bezeichnen kann. Und ich weiss nicht, ob die Bourgeois romands nicht manchmal traurig sind, dass sie sich die Liberalen nicht erhalten haben.

Susy Greuter, per E-Mail