Im Affekt: Der Wahn des Gebirgskönigs

Nr. 31 –

Frédéric Favre ist ein sportlicher Mann. Er ist nicht nur fünffacher Schweizermeister im Karate und ehemaliger Eishockey-Schiedsrichter, kompetitiv ist auch sein Charakter. Als Mitglied des Walliser Staatsrats legt er sich mächtig ins Zeug: Mehrere internationale Sportanlässe wollte er in den Bergkanton holen. Es gelang ihm nicht immer, aber Favre ist nicht einer, der aufgibt. Seit er zum Präsidenten der Walliser Regierung aufgestiegen ist, wachsen auch seine Ambitionen: Die Medien agieren dem Freisinnigen offenbar zu zügellos, darum will er ihnen nun ganz genau auf die Finger schauen. Sein kürzlich an die Öffentlichkeit gelangter Plan enthielt Regeln wie diese: JournalistInnen sind angewiesen, Artikel über «sensible Themen» vor der Veröffentlichung in voller Länge dem kantonalen Sicherheitsdepartement vorzulegen. Das ist nur schon in praktischer Hinsicht hirnrissig. Vor allem aber fragt sich: Wie autoritär verschaltet muss einer sein, um überhaupt auf solche Ideen zu kommen?

Favres dreister Angriff auf die Pressefreiheit löste bei JournalistInnenverbänden und in sozialen Medien Empörung aus. Doch Favre gab nicht auf. Vordergründig ruderte er zwar zurück, doch der giftige Kern seines Papiers, pauschal Misstrauen gegenüber journalistischer Arbeit zu streuen, bleibt intakt. Der Verband Impressum stuft die neue, vage abgeschwächte Regulierung – pardon, Empfehlung – immer noch als «problematisch im Hinblick auf die Praxis des Schweizer Presserats» ein.

Hat sich der Politiker sein deformiertes Verständnis von optimierter Kommunikation womöglich einst bei seiner Doktorarbeit in Business Administration zugezogen? Oder haben wir hier schlicht einen Fall von Grössenwahn eines kleinen Gebirgskönigs, der Spiele für sein Volk abhalten wollte (das an der Urne dann allerdings nichts von «Sion 2026» wissen wollte), aber vor allem selber gern etwas mehr zu sagen hätte? Auf jeden Fall ist es wieder einmal erstaunlich, wie viel Geringschätzung demokratischer Grundrechte man sich in sogenannt liberalen Kreisen leisten kann.

«Sie wussten nicht, dass es unmöglich war, also haben sie es getan»: Das Mark-Twain-Zitat auf Favres Website klang auch schon besser.