Was weiter geschah: Ein Sieg fürs Kollektiv

Nr. 38 –

Seit Juni 2020 erhielten die MitarbeiterInnen des Restaurants Sous le Pont und der Rössli-Bar in der Berner Reitschule keine Kurzarbeitsentschädigungen. Die bernische Arbeitslosenkasse hatte die Zahlungen mit der Begründung eingestellt, die Angestellten befänden sich aufgrund der basisdemokratischen Kollektivstruktur und mangels Vorgesetzten in einer «arbeitgeberähnlichen Stellung». Gegen diesen Beschluss erhoben die Betroffenen Einspruch – und mussten erst einmal warten. Wie die WOZ im März berichtete, konnte sich das Kollektiv während der pandemiebedingten Schliessung mit einem Coronakredit und Ersparnissen nur knapp über Wasser halten.

Nun hat das Verwaltungsgericht des Kantons Bern entschieden, dass die 42 betroffenen Mitarbeitenden Anrecht auf die Gelder haben – auch wenn sie als Kollektiv organisiert sind. In ihrem Urteil geht die Behörde ausführlich auf die Organisation der betroffenen Betriebe ein und kommt zum Schluss, dass Basisdemokratie nicht bedeutet, dass die einzelnen Mitarbeitenden die Funktion von Arbeitgebern wahrnehmen – für die die Kurzarbeitsentschädigung explizit nicht vorgesehen ist. Vielmehr seien die Kollektivmitglieder zugleich Arbeitnehmende und Vorgesetzte, so das Urteil. So habe zwar jedes Kollektivmitglied das grundsätzliche Recht auf Mitsprache, jedoch sei auszuschliessen, dass eine Einzelperson allein wesentlichen Einfluss auf betriebliche Entscheidungen nehmen könne. Beim «Sous le Pont» ist man erleichtert über den Entscheid und freut sich darüber, dass eine Justizbehörde für einmal im Sinn der Reitschule entschieden hat.

Das Urteil liest sich durchaus als Motivationshilfe für Kollektivstrukturen. So wird unter anderem hervorgehoben, dass diese Organisationsform «auch Missbräuche verhindert wie etwa das Selbstausstellen der für die Kurzarbeit notwendigen Bescheinigungen».

Nachtrag zum Artikel «Die Reitschule-Beiz im Behördendschungel» in WOZ Nr. 12/2021 .