Wichtig zu wissen: Schwur auf Big City

Nr. 40 –

Ruedi Widmer über Alabama, Allah, Obama, Oklahoma, Yokohama, Yoko Ono, Osama

«Endlich wieder Obama, 7.–17. Oktober 21, St. Gallen», lese ich auf Grün von den Plakatwänden herunter, und ja, warum nicht, jetzt, wo Biden kriselt. Es mag mit zu wenig Schlaf zu tun haben oder mit sonstigen Wunschwelten, aber solche Lesepannen passieren mir öfter.

Ein schöner Cartoon von Hauck & Bauer zeigte einst eine Frau, die vor einem Gestell im Supermarkt sagt: «Ich glaubs nicht! Jetzt gibt es von Barack Obama schon … Ach, nein. Backaroma.»

Als Obama 2009 zu präsidieren begann, schrieb ich eine Wortlandschaft um seinen Namen herum: Ananas, Bananas, Bahamas, Alabama, Allah, Obama, Oklahoma, Yokohama, Yoko Ono, Osaka, Osama, Osmana, Omaha Beach, Yamaha.

Die Olma, die Ostschweizer Landwirtschaftsmesse, findet also tatsächlich wieder statt, und nach Jahren der Abstinenz halte ich wieder einmal die «Weltwoche» in den Händen, und darin schreibt Toni Brunner über die Olma. «Endlich wieder Toni Brunner», höre ich mich seufzen, damals waren Fakten noch (wenn auch halbe) Fakten, und ein echter Bauer und nicht ein echter Städter wie Chiesa (Lugano) hatte die Anti-Städte-Partei angeführt.

Die Städte müssen sich wehren gegen diese konzertierten Angriffe, die ja nicht per se von der Landbevölkerung kommen, sondern aus den Schlössern der SVP-Führung. Die heutigen Landvögte, etwa die Familie Blocher (im Schloss Schönbrunn über dem Zürichsee) oder Thomas Matter (in seiner stümperhaft einem Palazzo der Medici nachempfundenen Betongroteske), hocken auf ihren Zinnen, ertrinken in Gold und Silber (so wie einst die Habsburger) und drangsalieren die Städter:innen. Ihr Geld haben sie ganz ohne Städte angebaut, auf den Feldern hinter ihren Häusern, ganz allein, ohne Fleiss kein Preis.

Die Städter:innen müssen endlich vom chicen Velo heruntersteigen und sich treffen und auf die Städtepartnerschaft schwören, und es braucht neue Rütliwiesen für diese Schwüre, die Blatter-, die Fritschi- und die Josefwiese in Zürich, den Schützenmattpark in Basel, all die Wiesen und Pärke, dort soll sich die Stadtbevölkerung sammeln und den Schwur für die Verteidigung der Stadt gegen die Ichhabshaltburger ablegen. Die Chance ist historisch. Nach der SVP verlässt auch die FDP mit ihrem neuen Präsidenten Thierry Burkart per Lkw die Stadt, schliesslich sind Parkplätze auf dem Land einfacher zu bauen.

Die Städte brauchen jetzt Schwurzentren und Schwurbusse, jede und jeder sollte mindestens zweimal auf die Stadt geschworen haben, die Schwurquote muss mindestens 84,8  Prozent betragen. So viel wie der Anteil der Menschen, die in Städten und Agglomerationen wohnen, an der Schweizer Gesamtbevölkerung.

Der «Spiegel» schreibt von einer Studie, wonach in Deutschland hauptsächlich noch der Trotz weitere Impfungen verhindere. In der Schweiz dürfte es ähnlich sein. Es ist der Trotz gegen «den Staat», der den Verstand lähmt und ihn permanent gegen die eigenen Interessen stimmen lässt. Dieses Trotzgefühl könnte im Rahmen der Schwurkampagne eventuell in Richtung der Vogteien umgelenkt werden.

Ein verbreitetes Argument gegen die Impfung bleibt weiterhin, nicht die Big Pharma zu unterstützen. Das kann ich noch nachvollziehen, aber viele dieser Menschen unterstützen gleichzeitig ohne mit der Wimper zu zucken Big Telegram, Big Autoindustrie, Big Erdölindustrie, Big Chemieindustrie. Die «Pandora Papers» beispielsweise machen in dieser Zielgruppe null Eindruck (zu «kompliziert», und «mein Treuhänder bekommt deswegen nur Probleme»), umso mehr dafür das Geraune vom Kollegen einer Kollegin auf Facebook von einer «dunklen geheimen Geld-Elite», die unser ganzes Leben orchestriert.

Pandora, Andorra, Camorra, Gomorrha, Myrrhe, Thierry, Tom und Jerry, Curry, en Guete, es ist jetzt 12:07.

Ruedi Widmer ist Cartoonist in Winterthur.