Kino-Film «Spencer»: Nichts wie weg hier
«Fuck», murmelt die Prinzessin, weil sie sich auf dem Weg zum königlichen Schloss verfahren hat. Dort wird sie erwartet, will aber eigentlich gar nicht hin. So beginnt «Spencer», der Film über drei Weihnachtstage, an denen Prinzessin Diana beschlossen haben soll, ihren Gatten Charles und die ganze Royal Family zu verlassen, um sich und ihre herzigen Buben zu retten.
Die «Fabel einer wahren Tragödie» nennt Regisseur Pablo Larraín («Jackie») seinen neuen Film, der sich eher wie ein Horrormärchen ausnimmt. Denn als Diana – sehr verspätet – doch noch im Schloss ankommt, trifft sie auf entsprechendes Personal: Von der gefühlskalten Schwiegermutter, dem desinteressierten Gatten übers tuschelnde Gesinde bis zum bedrohlichen Aufpasser treiben alle die verängstigte Prinzessin in Zustände, bei denen bald kaum noch zu unterscheiden ist, ob ihr Umfeld oder sie selber wahnsinnig ist. Man nennt das auch Gaslighting.
Gegenstände tauchen auf und verschwinden wieder, die Zofen sprechen – bis auf eine – ausschliesslich in hohlen Floskeln mit ihr; selbst dort, wo Diana sich unbeobachtet glaubt, wird jeder ihrer Schritte registriert. Immer wieder erscheint ihr Anne Boleyn, die zweite Gattin Heinrichs VIII., die dieser köpfen liess. Offen sprechen kann sie nur mit ihren Söhnen William und Harry oder mit der erwähnten Zofe, die aber plötzlich unauffindbar ist.
Der opulent ausgestattete Film bedient sich viel überdeutlicher Symbolik. So zerreisst Diana schliesslich die Perlenkette, die Charles doppelt verschenkte: eine für sie, eine für ihre Nebenbuhlerin Camilla. In wechselnden Diana-Outfits sehen wir eine grazile Kristen Stewart durch Schloss und Felder eilen; sie eignete sich Dianas Körpersprache und Sprachduktus fast intensiver an, als man es vom realen Vorbild in Erinnerung hat.
Wenn die Royals so schlimm sind, denkt man, blieb auch Harry und Meghan wirklich nur die Flucht. Für die Prinzessin und ihre zwei Prinzchen gibts aber – wie in Märchen üblich – im Film ein Happy End: nicht im Schloss, sondern mit Fritten von KFC.
Spencer. Regie: Pablo Larraín. Deutschland/England 2021